Musical mit Aha-Effekten

»Wagners Ding mit dem Ring« in Leipzig

  • Roberto Becker
  • Lesedauer: 2 Min.

Nun ist Leipzig doch noch dem Wagner-Fieber verfallen. Das Opernhaus wird am Ende des 200. Geburtstagsjahres zwar erst einen halben »Ring des Nibelungen« vorweisen können, aber mit den drei Frühwerken (»Liebesverbot«, »Feen« und »Rienzi«) steht sie alleine (und gut) da. Zum neuen Denkmal auf dem Klingersockel haben sie es ebenso gebracht wie zu einem gefeierten Kinder-»Ring«. Was da noch fehlte, war eigentlich nur ein passendes Musical.

Das hat sich die Musikalische Komödie nun kurzerhand aus den USA geholt - aus New Bayreuth in Kentucky, wo die Company von Richards hierzulande gänzlich unbekanntem Cousin Traugott ihren eigenen »Green Hill« aufgezogen hat. Beim Transport über den großen Teich sind zwar ein paar Ausstattungscontainer auf Abwege geraten (die NSA kann ja ihre Augen und Ohren nicht überall haben), doch für die MuKo ist das kein Ding. Sie stemmt »The Thing with the Ring«, also zu gut Alltagsdeutsch »Das Ding mit dem Ring«, auf jeden Fall. Da kennen die Profis nix. Einer davon ist Stefan Diederich am Pult des schmissigen Haus-Orchesters. So geht sie denn los, diese Nibelungenrevue, die Ricarda Regina Ludigkeit inszeniert und choreografiert hat: mit Walküren im Westernlook und einem Götterpräsidenten Wotan, der sich ein neues Weißes Haus ergaunert.

So weit hergeholt, wie diese flotte, höchst amüsant und erstaulich vollständig um das originale Vorbild herumtänzelnde Musical-Version der Tetralogie zunächst klingt, ist das gar nicht. Wagners Spätfolgen für die Filmmusik in Hollywood oder das Musical sind offensichtlich. Buch- und Songtext-Autor Ulrich Michael Heissig und der Komponist Thomas Zaufke schließen da etwas miteinander kurz, was durchaus Funken schlägt. Das ist kein Wagner light, sondern eher ein Allerwelts-Musicalsound, bei dem schon mal Siegfrieds Horn dazwischenbläst. Ähnliche Aha-Effekte für die »echten« Wagnerianer sind immer wieder eingebaut. Alles hat Tempo, funktioniert durchweg und macht Spaß. Vor allem, weil auch die Texte einen ähnlich schrägen Reimton draufhaben wie das Original, das ja, ohne Musik gelesen, auch mehr zur Komödie taugt. Wer danach ohne weitere Vorbereitung in die Oper geht, ist jedenfalls bestens über die »Ring«-Handlung informiert. Nur das Feuer am Ende lassen sie weg.

Und in Amerika soll es Ärger mit den Bibeltreuen gegeben haben, als es die Zwillinge Siegmund und Sieglinde allzu offen miteinander trieben. Das weiß WW Wotan (alias Milko Milev) in seiner Doppelrolle als Showmoderator und Götterpräsident zu berichten.

Nächste Vorstellung: 26.11.

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