Werbung

Krokodil Fidel wird umbenannt

Zoo ändert umstrittenen Namen

  • Hendrik Lasch, Hoyerswerda
  • Lesedauer: 3 Min.

Ach, hätten sie es doch »Theophil« getauft, das lustige Reptil, das im Foyer von Schloss Hoyerswerda in einem Terrarium herumturnt: Viel Ärger wäre ihnen erspart geblieben. »Theophil« ist ein Name, den Anhänger des gepflegten Ostschlagers sofort mit einem solchen Tier verbinden; vor allem aber ist es ein Name, den Komponisten, Schriftsteller und Bischöfe tragen, nicht aber vermeintliche Diktatoren. Die Sache hat nur einen Haken. Das Krokodil Theophil lebte, wie Václav Neckář in seinem Uralt-Hit immer wieder betonte, »damals noch am Nil« - und eben leider nie in Kuba.

Kuba freilich ist das letzte Refugium von Crocodylus rhombifer, dem Rautenkrokodil, von dem in (darf man sagen: freier?) kubanischer Natur nur noch 4000 Exemplare leben. Mit der Erhaltung der Art tut man sich auch hinter Gittern schwer. Als Ende Oktober im Zoo Hoyerswerda gleich sieben Jungtiere schlüpften, war das der erste Zuchterfolg in Deutschland. Die Elterntiere kamen einst aus Kuba und hatten fünf Jahre im DDR-Staatszirkus »gearbeitet«, bevor sie 1986 in die Lausitz übersiedelten.

In der Euphorie über die züchterische Sensation ließ man sich im Zoo indes zu einem Schritt hinreißen, der im Nachhinein als sehr unüberlegt bezeichnet werden muss. Während die Namen von sechs Tieren äußerst demokratisch per Besucherumfrage ermittelt wurden, legte man einen Namen im Alleingang fest: Fidel Castro. »Was würde besser passen für ein Kubakrokodil«, sagte eine Tierpflegerin.

Geografisch mag das stimmen, politisch jedoch halten es maßgebliche Honoratioren in der sächsischen Lausitz für alles andere als korrekt. Nach verbreiteter Lehrmeinung gilt Kuba im Freistaat als Diktatur und der Máximo Líder als Diktator - die Totalitarismustheorie lässt grüßen. Ein Krokodil nach dem Bösewicht zu benennen, wird nicht als witzig empfunden, auch wenn der Zoo das Tier umgehend charakterlich etwas diskreditierte: Fidel beiße und sei »ein ziemlicher Rüpel«, hieß es halb ironisch.

Humor freilich ist schon deshalb nicht angebracht, weil es um ein staatlich gefördertes Tier geht. 400 000 Euro erhält der Zoo vom Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien. In dessen Gremien drohte man dem Tierpark mit Geldentzug, wenn das Krokodil weiter wie ein Diktator heiße. Sei es, weil man sich vage an ein Embargo gegenüber Kuba erinnerte - Thomas Pilz, Vorsitzender des Kulturbeirats, warf in einem TV-Beitrag jedenfalls die Frage auf, »ob die Förderung noch gerechtfertigt ist, wenn der Zoo auf dem Namen besteht«.

Ein Schelm ist indes, wer solch unverblümte Drohung als diktatorisch bezeichnet, handelt es sich hier doch höchstens um die Diktatur des Geldes. Der kann sich allerdings auch der Zoo in Hoyerswerda nicht entziehen. Das »fidele Krokodil« soll nun umbenannt werden - und zwar in »Fidelio«.

Man hoffe, die Kritiker zu beschwichtigen, teilt Geschäftsführerin Carmen Lötsch mit; zugleich, betont sie, bleibe der Wortstamm »Fidel« erhalten. Fragt sich nur, wie der Kulturraum reagiert, wenn man merkt, dass sogar in Beethovens Opernheld noch der kleine Diktator steckt.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal