Einheits-Bericht: Linke und SPD kritisieren Schönfärberei

Bartsch: »Frühstücksdirektor« für das Thema reicht nicht / Tiefensee: Aktive Wirtschaftspolitik fehlt / Vaatz: Kein großer Veränderungsbedarf

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Berlin. Politiker von Linkspartei und SPD haben den aktuellen Bericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit kritisiert. Die vom Kabinett am Mittwoch beratene Bilanz schöne »auch 2013 einerseits die Lage in den neuen Bundesländern und blendet andererseits positive Erfahrungen, die im Osten gesammelt wurden und werden, weitgehend aus«, sagte Linksfraktionsvize Dietmart Bartsch. »Die neuen Länder als Ziehkinder zu betrachten, ist nicht zeitgemäß und schon gar nicht zukunftsorientiert«, so der Politiker weiter.

Ähnlich äußerte sich der SPD-Abgeordnete Wolfgang Tiefensee. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion kritisierte in der »Berliner Zeitung«, »die Lyrik des Berichts entspricht nicht immer den harten Fakten«. Schönfärberei helfe aber niemandem weiter, so Tiefensee, der selbst von 2005 bis 2009 Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer unter Kanzlerin Angela Merkel war.

Die Wirtschaftskraft der ostdeutschen Flächenländer liege bei 71 Prozent des westdeutschen Niveaus, so Tiefensee. Wenn im Bericht der Regierung von einer kontinuierlichen Angleichung die Rede sei, weil sich der Abstand zwischen Ost und West alle drei Jahre um einen Prozentpunkt verringere, bedeute dies: »Würde das Tempo so weitergehen, hätten wir erst im Jahr 2100 eine annähernd gleiche Wirtschaftskraft.« Der SPD-Politiker forderte »endlich eine aktive Wirtschaftspolitik für strukturschwache Regionen - in Ost- und Westdeutschland«.

Der Linkenpolitiker Bartsch kritisierte, die »Ost-West-Vereinigungspolitik der Bundesregierung ist durch Passivität und Schönfärberei geprägt«. Es fehle der noch amtierenden Koalition »an Zukunftsstrategien für die Deutsche Einheit, um endlich die latente Kluft zwischen Ost und West ebenso zu überwinden wie wachsende Unterschiede der Lebensbedingungen in einzelnen Regionen in ganz Deutschland«.

Bartsch verwies auch darauf, dass Ost-West-Themen bei den laufenden Koalitionsverhandlungen »keine erkennbare Rolle« spielten. Vor allem Pläne, nach denen eine Rentenangleichung erst im Jahr 2019 wirksam werden solle, seien »nicht hinnehmbar«. Bartsch kündigte an, dass die Linksfraktion im Bundestag einen Ausschuss »Deutsche Einheit« beantragen werde. »Die Thematik darf nicht länger durch einen Frühstücksdirektor repräsentiert werden«, so Bartsch.

Dagegen sagte der CDU-Abgeordnete Arnold Vaatz der »Mitteldeutschen Zeitung«, der Bericht zeige »im Großen und Ganzen«, dass die Politik »in den letzten Jahren auf dem richtigen Weg gewesen« sei. Vaatz, der auch Unionsfraktionsvize ist, verwies darauf, dass der Wegzug aus Ostdeutschland weitgehend gestoppt sei. »Das ist eine sehr gute Nachricht.« Es gebe »für die bisherige Politik keinen großen Änderungsbedarf«.

Dem Bericht zufolge ist die Arbeitslosenquote in den neuen Ländern so gut wie seit 1991 nicht mehr, der Wanderungssaldo fast ausgeglichen und die Geburtenrate sogar höher als im Westen. Agenturen/nd

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