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»Die Große Koalition tut der Stadt nicht gut«

Ein Landesparteitag der Linkspartei will am Wochenende ein neues wohnungspolitisches Konzept beschließen

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Auf ihrem ersten Landesparteitag nach der Bundestagswahl befasst sich die Berliner Linkspartei am Wochenende besonders mit der Wohnungspolitik.

»Der Weg zur Veränderung der Bundespolitik geht über die Länder«, ist sich Berlins LINKE-Landeschef Klaus Lederer sicher. Deshalb will der Berliner Landesverband jetzt schon die Weichen für neue Regierungsbündnisse in Berlin nach 2016 und im Bund nach 2017 stellen. Es müsse diskutiert werden, was die Öffnung der Bundes-SPD für Koalitionen mit der LINKEN für seine Partei bedeute, so Lederer. »Wie bekommen wir es hin, dass das Spiel mit Rot-Rot in allen Varianten nicht nur ein taktisches ist?« möchte der Parteichef geklärt haben. Nur eine Option für die SPD als Mehrheitsbeschaffer zu sein, »das wird nicht funktionieren«.

Ziel sei in Berlin wie im Bund, nach 2016 und 2017 die Großen Koalitionen abzulösen, sagte Lederer. Rot-Schwarz in Berlin warf er eine Politik des Stillstands vor. Wichtige Fragen wie soziales Wohnen, Energiewende oder Bezirksfinanzen würden nicht angepackt. »Die Koalition tut der Stadt nicht gut und nimmt bereits Züge der Großen Koalition der 90er Jahre an.«

Um ein Bündnis mit der SPD oder Rot-Rot-Grün inhaltlich vorzubereiten, will die LINKE Konzepte zu zentralen Themen erarbeiten. Beim Parteitag am kommenden Wochenende geht es um Wohnungs- und Mietenpolitik. Beim Wohnen würden SPD und CDU die angespannte Lage inzwischen zwar eingestehen, sich aber gegenseitig blockieren, monierte Lederer. Der Stadtentwicklungssenator würde sich zwar bemühen, könne sich aber gegen den Widerstand des Finanzsenators und der CDU kaum durchsetzen. Und den Regierenden Bürgermeister interessiere das Thema nicht. So sei das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum durch die CDU verzögert worden. Und Neubau für Mieten ab acht Euro pro Quadratmeter helfe Gering- oder Normalverdienern gar nicht.

Der Neubau werde zudem noch falsch angegangen, indem die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gezwungen werden, Kredite aufzunehmen, kritisierte Lederer. Da diese aus den Einnahmen bedient werden müssten, steige der Druck auf die Gesellschaften, die Mieten zu erhöhen. »Mit einer höheren Verschuldung der Gesellschaften bekommen wir das Problem nicht in den Griff«, so der Landeschef. Im Entwurf ihres wohnungspolitischen Programms sieht die LINKE dagegen vor, die Eigenkapitalbasis der Wohnungsbaugesellschaften jährlich um bis zu 100 Millionen Euro zu stärken. Damit sollen sie nicht nur neue Wohnungen bauen, sondern auch Bestände, die aus der alten Förderung des sozialen Wohnungsbaus fallen, aufkaufen. Eine Förderung für den Wohnungsbau soll es nur geben, wenn die Mieten dauerhaft stabil bleiben und die Wohnungen nicht nach ein paar Jahren aus der Sozialbindung fallen. Vorbild dafür ist Wien, wo etwa die Hälfte aller Wohnungen kommunalen oder gemeinnützigen Gesellschaften gehören. Das Konzept von Rot-Schwarz erinnere zu sehr an das verheerende Förderprogramm der 80er und 90er Jahre, an dem vor allem private Investoren verdienten, sagte Lederer.

Das Konzept ist aber innerhalb der LINKEN nicht unumstritten. Ihr Pankower Bauexperte Michail Nelken hat einen völlig neuen Entwurf geschrieben, der vor allem einen anderen Umgang mit den Wohnungsbaugesellschaften fordert. Ohne ihren Umbau von gewinnorientierten GmbH und Aktiengesellschaften zu gemeinwohlorientierten Unternehmen würden alle anderen Maßnahmen für eine soziale Wohnungspolitik keinen Sinn ergeben.

Zunächst werden die Delegierten des Parteitags das Ergebnis der Bundestagswahl vom September diskutieren. Landesgeschäftsführerin Katina Schubert nannte es trotz der 1,7 Prozent Stimmenverluste »insgesamt erfreulich«. Die LINKE habe nicht nur ihre vier Bundestagsmandate verteidigt, sondern noch ein weiteres Listenmandat hinzugewonnen, so dass nun sechs Berliner LINKE im Bundestag sitzen. Besonders freute sich Schubert über die Zugewinne in westlichen Stadtteilen wie Neukölln-Nord oder Charlottenburg. Allerdings habe sie in Reinickendorf oder Spandau auch bei ihrem klassischen Klientel wie Hartz-IV-Empfängern verloren. Trotzdem: »Der Traum, das Thema LINKE würde sich erledigen, ist ausgeträumt. Das kriegt jetzt auch die SPD mit«, resümierte Schubert.

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