Grundhaltung gegen die Grundordnung

Im zweiten Anlauf legen die Länder am Dienstag ihren Antrag auf ein NPD-Verbot dem Verfassungsgericht vor

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.
2003 scheiterte der von Bund und Ländern vorgelegte Verbotsantrag schon vor einer Sachentscheidung. Nun wird sich zeigen, wie hoch Karlsruhe bei Parteienverboten die Hürde legt.

Die vermutlich kommende Große Koalition hält in einem wichtigen Punkt an der Haltung der schwarz-gelben Vorgängerregierung fest: Die Bundesregierung - und mit ihr wohl die schwarz-rote Bundestagsmehrheit - hält nichts von dem Ansinnen, nach dem an zu vielen V-Leuten gescheiterten Versuch von 2003 einen zweiten Antrag auf ein Verbot der NPD beim Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Das Thema kommt im Koalitionsvertrag nicht vor. Der SPD-Innenpolitiker Michael Hartmann klagt in der »Saarbrücker Zeitung« vom Dienstag, die SPD habe sich diesbezüglich nicht durchsetzen können.

Damit stehen die Länder, die heute ihren Antrag in Karlsruhe stellen, allein. Dabei hatte die SPD noch im April 2013 im Bundestag einen Antrag gestellt, dem zufolge sich das Parlament der seit November 2012 vorbereiteten Initiative des Bundesrates anschließen sollte; wie ein früherer Antrag der Linksfraktion war dieser Vorstoß aber gescheitert. Aus der Bundes-Union gab es viele Gegenstimmen, die FDP war dagegen, die Grünen enthielten sich.

Die NPD, hatte die SPD-Bundestagsfraktion noch im April formuliert, sei »nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger darauf aus, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen und sogar zu beseitigen«. Ihre Politik sei bestimmt durch eine »aktiv kämpferische, aggressive Grundhaltung, die grundsätzlich und dauernd tendenziell auf die Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet ist«. Sie vertrete eine »antisemitische, rassistische und ausländerfeindliche Einstellung« und sei »mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt«.

Ganz ähnlich ist der Tenor des nun vorzulegenden Länder-Antrags. Auch darin wird die NPD - auf Basis öffentlich zugänglicher, nicht geheimdienstlich gewonnener Materialien - als Wiedergängerin der NSDAP porträtiert. Wie die Nazipartei propagiere sie einen völkisch-biologischen Menschenbegriff, nach dem etwa »Asiaten« niemals Deutsche werden könnten. Die Autoren des Antrags, die Berliner Juristen Christoph Möllers und Christian Waldhoff, zeigen auf, dass die NPD zwar nicht wörtlich, aber in der Sache für die rechtliche Aussonderung und Deportation von nach ihren Kriterien Fremden drängt - und nach wie vor einen zumindest verbal hochgradig aggressiven Antisemitismus pflegt, wenn etwa jüdische Gemeindevertreter als »raffgierige Chefhebräer« bezeichnet werden. Und es finden sich sogar direkte Hitler-Bekenntnisse, bis hin zur Ebene von Landesvorständen.

Die Bundesregierung hielt sich im Vorfeld erstaunlich bedeckt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ ausrichten, sie wünsche dem Antrag viel Glück. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wurde vom »Spiegel« kürzlich sinngemäß mit der Aussage zitiert, mit dem Verbotsantrag könnten die Länder von ihm aus gerne alleine scheitern.

Kommentar »Die Richter und die Spitzel«

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