Freundliche Vollstreckung

Uwe Kalbe über die kirchliche Begleitung von Abschiebungen in Berlin

  • Lesedauer: 1 Min.

Es liest sich wie ein Durchbruch in Sachen Menschlichkeit, was da an Berliner Flughäfen Gestalt annimmt: Juristen der Caritas sollen künftig bei Abschiebungen anwesend sein. Sie sollen wohl darauf achten, dass die Beamten ein nettes Gesicht machen, statt die von den deutschen Behörden nicht als Flüchtlinge anerkannten Flüchtlinge zu fesseln und zu knebeln und womöglich einen weiteren von ihnen eines elendigen Erstickungstodes sterben zu lassen, wie das 1999 dem Sudanesen Aamir Ageeb zuteil wurde.

Es ist eine typisch deutsche Variante eines fragwürdigen Vorgangs - zivilisiert und bis ins Kleinste durchorganisiert. Keine Unwägbarkeit bleibt unabgewogen; die Erfahrung von Menschen, die sich verzweifelt gegen den Vollzug eines für sie schicksalhaften Beschlusses wehren, ist Anlass für freundliche Berücksichtigung in Amtshandlungsabläufen. Dass die Kirche einen Tropfen Anteilnahme auf die Vollstreckungsurkunde fallen lässt, macht den Vorgang nahezu formvollendet. Wir haben nichts zu verbergen, teilt die Polizei in demokratisch geschulter Geste zustimmend mit. Nein, die Polizei ist nicht das Problem bei den Abschiebungen. Das Problem sind die Abschiebungen selbst. Sie sind nur der allerletzte Akt eines wohlabgestimmten Systems von Chauvinismus und Fremdenfeindlichkeit.

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