Ende einer Münchner Räuberpistole

Urteil zu Prinzessinnenspiel mit Ex-Ministerialrat gefällt

  • Rudolf Stumberger
  • Lesedauer: 3 Min.

Top-Juristen scheinen gerne für die rechtsradikale »National-Zeitung« zu schreiben. Denn nicht nur der wegen Betrugs verurteilte bayerische Ex-Ministerialrat Clemens L., sondern auch der geschädigte Peter K., ein hochbezahlter Wirtschaftsjurist, hätten für den Münchner Verleger der Zeitung, Gerhard Frey, schon mal zur Aushilfe einen Artikel geliefert. So jedenfalls lauten die Angaben der Angeklagten Christine S. - die 34-Jährige wurde dieser Tage am Landgericht München I zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft wegen Betrugs verurteilt.

Dass hochrangige Beamte der bayerischen Staatskanzlei und Wirtschaftsspezialisten für die »National-Zeitung« schrieben, ist nur eine Nebenerkenntnis in dem Prozess um eine angebliche italienische Prinzessin und dem bizarren Lügengespinst, in dem ihr Ehemann Peter K. und ihr Adoptivvater Clemens L. eingewoben waren. Christine S. gab sich nach Ansicht des Gerichts als italienische Prinzessin aus einem alten Adelsgeschlecht aus Modena aus, die ein hohes Erbe zu erwarten hatte. Zusammen mit ihrem Adoptivvater, einst Ministerialrat in der Staatskanzlei des bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber, erleichterte sie nach der Heirat ihren Ehemann um insgesamt rund drei Millionen Euro, wovon 2,18 Millionen auf eine 400-Quadratmeter-Eigentumswohnung in München entfielen, die ihr überschrieben wurde.

Zentral war dabei die Figur eines italienischen »Großonkels« mit Verbindung zu Regierungskreisen, aber auch der Mafia. Mit ihm wurde ein Bedrohungsszenario für den Ehemann aufgebaut, bis dieser sich in Todesgefahr durch angeblich gedungene Fremdenlegionäre wähnte. Zuvor hatte auch der Adoptivvater der Angeklagten seine Wohnung übertragen und seine Eltern um 400 000 Euro erleichtert. Er sitzt bereits seit Juli für knapp vier Jahre hinter Gittern.

Vor Gericht kam vor allen die Version des geschädigten Ehemanns zu Gehör, die Angeklagte schwieg zu den Vorwürfen. Erst am letzten Verhandlungstag, nach Ende der Beweisaufnahme und kurz vor Verlesung des Urteils, äußerte sich die 34-Jährige - dann aber zwei Stunden lang. Ihre Version der Geschichte klang deutlich anders. Alle drei Beteiligten - sie, ihr Adoptivvater und ihr Ehemann - hätten das Prinzessinnenspiel mitgespielt.

Dabei sei es laut S. auch darum gegangen, den Wiederverkaufswert der 400-Quadratmeter-Wohnung in die Höhe zu treiben. Sie habe auf Anordnung ihres Mannes mit einem Ballkleid herumlaufen müssen, während Immobilienmakler die Wohnung besichtigten. Es habe kein Bedrohungsszenario durch einen »Großonkel« gegeben, sie habe sich auch nie als italienische Prinzessin ausgegeben, sondern lediglich an einen italienischen Großvater geglaubt, von dem sie ein Erbe zu erwarten hätte.

Die Verteidigung hatte in ihrem Plädoyer einen Freispruch für die Angeklagte verlangt. Das Gericht minderte zwar das von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafmaß von sieben Jahren und neun Monaten ab auf fünf Jahre und zehn Monate Haft, folgte ihr aber in der Beurteilung der Straftat als Betrug in einem schweren Fall - mildernde Umstände gebe es kaum. Das Gericht gab allerdings zu, dass ein Punkt in der Verhandlung unklar geblieben war. So sei es »kaum nachvollziehbar«, so der Vorsitzende Richter, wie der geschädigte Ehemann und Top-Jurist auf die »Räuberpistole« und die Fantasiewelt der Angeklagten hereingefallen sei.

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