Athen ist eine Reise wert

Zum feierlichen Auftakt der EU-Ratspräsidentschaft wird Griechenland an seine Sparauflagen erinnert

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 2 Min.
Gleich zu Beginn des griechischen Ratsvorsitzes machten EU-Spitzenpolitiker deutlich, dass die Regierung in Athen unter strenger Beobachtung steht.

Nicht alle waren bei den offiziellen Feierlichkeiten zur Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Griechenland willkommen. Als einige von etwa 200 Demonstranten am Mittwoch versuchten, sich den Weg zum Tagungszentrum zu bahnen, setzte die Polizei Tränengas ein und nahm mehrere Menschen fest.

Derweil blieb der Sitz des griechischen Oppositionsführers Alexis Tsipras (SYRIZA) bei der Zeremonie absichtlich leer. Seine Absage sei Ausdruck der Kritik am Programm der Regierung aus konservativer Nea Dimokratia (ND) und sozialdemokratischer PASOK für die kommenden sechs Monate. Ministerpräsident Antonis Samaras (ND) habe den Kampf gegen die sozialen Folgen der Krise nicht ausreichend berücksichtigt. »Die Regierung lässt keine Gelegenheit aus, ihr Einverständnis mit den Memoranden zu unterstreichen«, heißt es in einer Stellungnahme von SYRIZA.

Offiziell will die griechische Regierung kein weiteres Programm mit der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds abschließen. Insbesondere letzterer soll nicht länger in die Bücher schauen. »Der Weltwährungsfonds im Herzen Europas ist ein Problem«, sagte Vizepremier Evangelos Venizelos (PASOK).

»Die Programme sind erfolgreich und wir sollten die erreichten Erfolge nicht aufs Spiel setzen«, entgegnete ihm allerdings EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, der mit dem gesamten Kommissionskollegium sowie EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy angereist war.

Nicht erwünscht war dieser Tage eine Delegation des Europäischen Parlaments. Ein für Mittwoch und Donnerstag vorgesehener Besuch wurde kurzfristig abgesagt. »Das ist kein guter Start für die sechsmonatige EU-Ratspräsidentschaft Griechenlands. Es bleibt zu hoffen, dass die andauernde Präsidentschaft dazu genutzt wird, den großen Schaden hervorzuheben, den die Troika-Politik für das Leben der vielen Griechen bedeutet«, kommentierte Gabi Zimmer, Vorsitzende der Linksfraktion GUE/NGL die Verschiebung der Reise auf einen noch unbestimmten Zeitpunkt.

Immerhin beantwortete Finanzminister Ioannis Stournaras noch zu Wochenbeginn Fragen des Troika-Untersuchungsteams. Griechenland habe »bemerkenswerte« Reformen eingeleitet, die aber mit »extrem hohen sozioökonomischen Kosten« verbunden waren. Gemeint ist die Arbeitslosigkeit von 27 Prozent. Zudem sind 35 Prozent der Bevölkerung akut von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht.

Keine Probleme bei der Anreise hatte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Er wollte am Donnerstag und Freitag Gespräche mit Regierungspolitikern, Abgeordneten und Wirtschaftsvertretern führen, um sich das laufende »Reformprogramm« erläutern zu lassen. Damit solle auch ein »Zeichen der Solidarität mit den Menschen in Griechenland« gesetzt werden, so Außenamtssprecher Martin Schäfer.

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