Umkämpftes Netz

Hamburg kauft nach Volksentscheid Stromnetz zurück / Konkurrenten stehen Schlange

  • Folke Havekost, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch wenn Hamburg sein Stromnetz von Vattenfall zurückkauft, ist die Rekommunalisierung noch nicht geschafft. Die Stadt muss dessen Betrieb noch ausschreiben.

Hamburgs Energienetze bleiben umstritten: Während die Finanzbehörde sich am Mittwochabend mit Mehrheitseigner Vattenfall über einen Rückkauf des Stromnetzes einigte, bewerben sich mehrere Unternehmen für dessen Betrieb ab 2015, für den die Stadt im Laufe des Jahres eine Konzession vergibt. Als nunmehr kommunales Unternehmen geht die bislang von der Stadt und Vattenfall betriebene Stromnetz Hamburg GmbH ins Rennen gegen einen klassischen Energieriesen und ein genossenschaftlich orientiertes Modell.

Mit einem Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl hatten die Hamburger den Senat im September 2013 aufgefordert, die Energienetze in die öffentliche Hand zurückzuführen. Am Donnerstag verkündete Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), dass die Stadt zunächst das Stromnetz von Vattenfall zurückkauft beziehungsweise alle Anteile der Stromnetz Hamburg GmbH erwirbt. Der genaue Betrag muss noch von Gutachtern festgezurrt werden, er soll zwischen 495 und 550 Millionen Euro liegen.

Scholz sprach von »konstruktiven, aber auch harten« Verhandlungen und blickte optimistisch auf das Vergabeverfahren: »Weil die jetzt von uns erworbene Gesellschaft seit vielen Jahren anerkannter Betreiber ist, erhöhen wir die Chance, dass diese Gesellschaft die Konzession auch erhalten wird.« SPD-Fraktionschef Andreas Dressel kündigte an, dass für die über Tausend Vattenfall-Beschäftigten Übernahmelösungen gefunden würden: »Wir haben versprochen, dass die Beschäftigten nicht die Verlierer des Netzrückkaufs sein dürfen, daran werden wir uns halten.«

»Die Umsetzung des Volksentscheides kommt gut voran«, fand Manfred Braasch vom BUND Hamburg lobende Worte für den Plan der Hansestadt. Der Mitinitiator der erfolgreichen Volksinitiative »Unser Hamburg - unser Netz« begrüßte den »energiepolitischen Gestaltungsspielraum«, den die Stadt gewonnen habe. »Der Senat ist gerade noch rechtzeitig aufgewacht«, sagte die LINKE-Fraktionschefin Dora Heyenn: »Mit dem Erwerb des Stromnetzes ist Hamburg im Konzessionierungsverfahren jetzt bestens positioniert.«

Heyenns Grünen-Pendant Jens Kerstan sprach von einem »vertretbaren Ergebnis für Hamburg«. Die Grünen hatten neben der Linkspartei den Volksentscheid unterstützt, die alleinregierende SPD hatte wie CDU und FDP für ein Nein plädiert. »Durch den Aufkauf des wichtigsten Konkurrenten durch die Stadt wird der Wettbewerb im Konzessionsverfahren um das beste Konzept verringert«, kritisierte die CDU-Umweltpolitikerin Birgit Stöver den »voreiligen Kauf«.

2011 hatte sich die Stadt für 543 Millionen Euro bereits einen 25,1-prozentigen Anteil an den Netzen für Strom, Fernwärme und Gas gesichert. Eine prinzipiell vereinbarte Komplettübernahme des Fernwärmenetzes 2019 würde die Stadt 950 Millionen Euro kosten. Sollte Vattenfall bis dahin das geplante Gaskraftwerk im holsteinischen Wedel gebaut haben, würde sich der Kaufpreis um 200 Millionen Euro erhöhen.

Braasch forderte angesichts des späten Erwerbszeitpunkts, schon jetzt ein »Konzept für die Hamburger Fernwärme« auszuarbeiten. Das Gasnetz liegt nicht in den Händen Vattenfalls, sondern mehrheitlich bei E.on Hanse, das 74,9 Prozent der Anteile besitzt. Hier müssen gesonderte Verhandlungen erfolgen.

Eben jene E.on Hanse bewarb sich nun fristgerecht bei der zuständigen Umweltbehörde, ab 2015 das Stromnetz zu betreiben. Die Stadt muss den Wettbewerb laut geltendem Recht »fair und diskriminierungsfrei« gestalten. Wer bei der Vergabe leer ausgeht, kann das Verfahren gerichtlich überprüfen lassen. Das Energiewirtschaftsgesetz schreibt als einzuhaltende Kriterien Effizienz, Umweltverträglichkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit vor.

Auch die niederländische Alliander AG bewarb sich um den Stromnetzbetrieb, gemeinsam mit EnergieNetz Hamburg, das sich im Zusammenhang mit dem Volksentscheid zur Rekommunalisierung des Stromnetzes gegründet hatte und ein genossenschaftliches Modell in Kooperation mit der öffentlichen Hand vorsieht.

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