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Wirbel um »Doktor« Scheuer hält an

Arbeit des CSU-Generalsekräters soll nach Plagiaten untersucht werden

  • Lesedauer: 3 Min.

München. Der Wirbel um die Doktorarbeit von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hält an. Der Ombudsmann für die deutsche Wissenschaft, der Bonner Juraprofessor Wolfgang Löwer, sprach sich dafür aus, dass die Arbeit auf einen möglichen Plagiats-Tatbestand wissenschaftlich untersucht wird.

Die bekanntgewordenen Stellen »sollten Anlass sein, genauer hinzusehen und zu prüfen, wie der Text entstanden ist«, sagte er der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« (FAS). »Ich gehe davon aus, dass die Karlsuniversität in Prag dieser Aufgabe nachkommen wird.« In der CSU-Landesleitung in München wollte Scheuers Sprecher Jörg Säuberlich am Samstag keine Stellungnahme dazu abgeben.

In Prag hatte Scheuer sein »kleines Doktorat« erworben, das ihn nur in Bayern und Berlin zum Tragen eines allgemeinen Doktortitels berechtigt. Nachdem er wegen der Verwendung auch anderswo kritisiert worden war, hatte Scheuer ganz darauf verzichtet, einen akademischen Titel zu tragen.

Der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sagte der »Süddeutschen Zeitung« (Samstag): »Die Entscheidung, dass er den Titel nicht weiter führt, ist richtig. Für mich ist das erledigt.« Bayerns SPD-Landesvorsitzender Florian Pronold hatte dagegen betont: »Mit dem Verzicht auf den Doktortitel ist es noch nicht getan. Im Raum steht schließlich der Vorwurf des Plagiats.« Und die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, hatte getwittert: »Wie heißt es nochmal bei der CSU: «Wer betrügt, der fliegt.» Und was heißt das dann für Herrn Scheuer?«

Löwer stufte Passagen in Scheuers Promotionsarbeit, die offenbar aus einer Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung übernommen wurden, als »klassisches Plagiat« ein. Es könne sich jedoch auch um ein Versehen handeln. Ob der Verfasser eine systematische Täuschungsabsicht verfolgt habe, sei erst durch eine gründliche Prüfung der gesamten Arbeit festzustellen, erläuterte der Ombudsmann, der für gute wissenschaftliche Praxis und Verstöße dagegen zuständig ist.

Die »Süddeutsche Zeitung« (Samstag) berichtete von Hinweisen, dass Scheuer zum Thema Volksentscheide in Bayern auch aus einer Publikation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildung abgeschrieben haben könnte. »Das ist eindeutig abgeschrieben«, sagte der Münchner Jura-Professor Volker Rieble dem Blatt. Allerdings sei die Zahl der Fundstellen und der Umfang der übernommenen Texte gering. »Das reicht nicht, um von einer plagiatorischen Arbeitsweise zu sprechen.«

Ernst-Dieter Rossmann, Bildungsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, sagte der »FAS«: »Es ist klug und mehr recht als billig, dass Herr Scheuer eine Frontbegradigung vornimmt. Langsam nervt es, dass Doktortitel nicht mehr wegen der Wissenschaft, sondern aus anderen Gründen angestrebt werden.« Der designierte SPD-Bundesvize Ralf Stegner sagte dem Blatt: »Im Wettbewerb um fragwürdige Doktortitel schließt die CSU langsam zur FDP auf.« Thomas Goppel, früher selbst CSU-Generalsekretär, erklärte: »Andreas Scheuer kann selbstverständlich Generalsekretär der CSU bleiben.« dpa/nd

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