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Görkes bunte Truppe

Zur Landtagswahl am 14. September gibt es viele neue Gesichter rund um den Spitzenkandidaten der Linkspartei

Durch den Rückzug von zehn Landtagsabgeordneten kommt es bei den Sozialisten zu einem Generationswechsel.

Man solle sich einmal die Bewerber ansehen. Der designierte Spitzenkandidat Christian Görke lächelt zufrieden und zwinkert mit den Augen. Tatsächlich: Die LINKE geht mit vielen neuen Gesichtern in die Landtagswahl am 14. September. Das lässt sich ablesen an der Liste der Direktkandidaten in den Wahlkreisen. Das zeigt auch ein Blick auf die Fotos der Bewerber für die Landesliste. Die Liste wird am 24. und 25. Januar in Potsdam aufgestellt.

In Anlehnung an Gysis bunte Truppe zur Bundestagswahl 1990 könnte man nun auch von Görkes bunter Truppe sprechen. Dazu passt Ronny Besancon, der von 1998 bis 2004 dem Verein Bunte Kultur angehörte. Dazu passt Carsten Preuß als Naturschutzaktivist und parteiloser Linksfraktionschef in der Stadtverordnetenversammlung von Zossen, der sich mit einer Petition gegen die Privatisierung ostdeutscher Seen einen Namen machte. Zur bunten Truppe zählt der Werbetexter Ringo Jünigk, der einst Fonds bei der Westdeutschen Kapitalanlagegesellschaft betreute und dort aus moralischen Gründen kündigte, wie er sagt. Dazu gehört auch Norbert Kunz, 1973 in die SPD eingetreten. Sein innerer Abschied von der SPD begann 2003 mit Kanzler Gerhard Schröders Regierungserklärung zur Agenda 2010. Viele Jahre war Kunz Mitarbeiter der SPD-Bundestagsfraktion, »davon sieben Jahre im Büro von Wolfgang Thierse«. Zum Jahreswechsel 2009/2010 wechselte Kunz zur Linkspartei.

Von den 26 Sozialisten, die bei der Wahl am 27. September 2009 den Einzug in den Landtag geschafft hatten, treten zehn nicht wieder an: Kornelia Wehlan ist mittlerweile Landrätin von Teltow-Fläming. Kerstin Meier möchte Erzieherin werden. Gerlinde Stobrawa gab ihr Mandat aus gesundheitlichen Gründen auf. Birgit Wöllert zog in den Bundestag ein. Renate Adolph und Gerd-Rüdiger Hoffmann schieden aus der Linksfraktion aus, weil sie überhaupt nicht oder zumindest nicht ausreichend über ihre Stasi-Vergangenheit informiert hatten. Torsten Krause will eine wissenschaftliche Karriere einschlagen. Jürgen Maresch geht zurück zur Bundespolizei und auch Helga Böhnisch und Axel Henschke kandidieren nicht wieder.

So kommt es unweigerlich zu einem Generationswechsel. Allerdings gehen mit Meier und Krause auch zwei noch junge Abgeordnete, während sich unter den neuen Gesichtern durchaus auch ältere Semester befinden. Zur jungen Garde gehören Lukas Lüdtke (24) und Isabelle Vandré (26). Politisch aktiv zu werden, entschloss sich Vandré 2008 herum, als die Neonaziszene Oranienburgs erstarkte, wie sie sich erinnert. Nach dem Abitur sei ihr dann klar geworden, dass ihr antifaschistisches Engagement allein nicht ausreicht. Sie wollte auch soziale Verbesserungen und sie wollte Jugendliche bewegen, für ihre »Utopien einzutreten, statt das Vorgegebene unhinterfragt zu konsumieren«. Deshalb trat Vandré in die Linksjugend und in die LINKE ein.

Von bislang 50 Bewerbern für die Landesliste sind 21 nicht älter als 40 Jahre und sieben sind nicht einmal 30 Jahre alt. Im Landesverband sieht es anders aus. Dort sind lediglich 567 der insgesamt rund 7150 Genossen jünger als 40 Jahre und 317 jünger als 30 Jahre, wie Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige auf Anfrage mitteilt. »Der Landesverband verändert sich«, heißt es in einem Antrag »Die Landespartei zukunftsfähig gestalten«, den Görke und Johlige mit eingereicht haben. Ein Parteitag am kommenden Wochenende soll sich mit diesem Antrag befassen. »Viele langjährige MitstreiterInnen ziehen sich aus Funktionen und ehrenamtlicher Tätigkeit in der Partei zurück, neue GenossInnen übernehmen Verantwortung«, steht in dem Papier.

Jugend, der Ausdruck ist positiv besetzt. Es klingt nach frischen Ideen. Es gibt aber auch Nachwuchspolitiker, die so gar nicht jugendlich wirken, innerlich viel zu früh ergraute Politikbürokraten. Die designierte Linksfraktionschefin Margitta Mächtig schockiert so etwas. Die frühere Pionierleiterin freut sich immer über eine freche Jugend, die noch Träume hat. Zum Glück gibt es auch solche Typen im Landesverband.

Davon abgesehen kandidieren auch erfahrene Genossen. Nach derzeitigem Stand ist Rechtsanwalt Dieter Groß, Jahrgang 1949, der älteste Bewerber. Es finden sich auch noch bekannte Gesichter wie das von Anita Tack und Kerstin Kaiser. »Stellt Leute auf, die bekannt sind«, hatte der einstige Fraktionsgeschäftsführer Heinz Vietze Ende 2013 gemahnt, als es so aussah, als könnte Anita Tack vielleicht nicht nominiert werden.

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