Trickbetrug
Silvia Ottow über den Regierungsentwurf zur Krankenkassenreform
Die Idee ist genial. Da die Regierung die Entscheidungshoheit über die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung hat, entscheidet sie einfach mal, dass die Beiträge sinken. Auf den ersten Blick eine gute Nachricht für Versicherte! Sie müssen 0,9 Prozent weniger zahlen, die Kassen haben noch gut gefüllte Geldsäckel und dürften die fehlenden elf Milliarden vielleicht für ein oder zwei Jahre verschmerzen. Länger wahrscheinlich nicht, denn die gleiche Regierung hat bereits im vergangenen Jahr dafür gesorgt, dass Pharmafirmen wieder mehr Geld für ihre Produkte nehmen dürfen und teure Arzneimittel, die schon lange auf dem Markt sind, nicht mehr auf ihren Nutzen überprüft werden, wie das ursprünglich einmal vorgesehen war. So dürfte der zweitgrößte Ausgabenposten der Kassen - Medikamente - zügig wachsen.
Und wer bezahlt’s? Die Versicherten. Über Zusatzbeiträge. Und da das in der Vergangenheit nicht so recht geklappt hat, hat der Neue an der Spitze des Gesundheitsministeriums anscheinend ein bisschen nachgeholfen. Unter dem Motto »Wir können auch anders« werden die Zusatzbeiträge jetzt regelrecht erzwungen. Und wenn sich alle daran gewöhnt haben und der Trick von heute vergessen ist, kann man ihn ja wiederholen. So lange, bis die Zusatzbeiträge die Krankenkassen am Leben halten und sich niemand mehr daran erinnert, dass für die Gesundheit früher auch mal die Arbeitgeber in der Pflicht waren.
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