LINKE will Abgabengesetz wieder ändern

Thüringen: Streit um Frist für Rückforderungen hält an

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

Ende nächster Woche wird der Thüringer Landtag zum wiederholten Male über eine Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und der Thüringer Kommunalordnung beraten - und den Entwurf vermutlich mit den Stimmen der CDU/SPD-Koalition annehmen. Doch die seit Jahren schwelende Auseinandersetzung um eine rückwirkende Erhebung von kommunalen Abgaben für Infrastrukturprojekte wie Straßen oder Abwasserkanäle wird damit nicht beendet sein. Das machte in dieser Woche die Thüringer Linksfraktion deutlich.

»Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist rechtswidrig«, sagt Frank Kuschel, kommunalpolitischer Sprecher der Fraktion. Ein Knackpunkt in der Regierungsvorlage: Die Thüringer Kommunen sollen von ihren Bürgern bis 2020 unbegrenzt und ab 2021 rückwirkend für zwölf Jahre entsprechende Abgaben eintreiben können. Außerdem ermöglicht der Gesetzentwurf im Falle längerfristiger Bauprojekte auch dann eine Erhebung von Vorauszahlungsbeiträgen, wenn eine Fertigstellung des Gesamtprojekts noch nicht absehbar ist.

Diese Bestimmungen seien »höchst fragwürdig« und entsprächen nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes, so Kuschel gegenüber »nd«. Die Landesregierung liefere keine schlüssige Begründung für eine Begrenzung der Rückforderungsfrist für Abgaben auf zwölf Jahre. Die Linksfraktion wolle stattdessen mit sofortiger Wirkung die Frist auf maximal vier Jahre begrenzen. Und sie strebe darüber hinaus eine Abschaffung dieses »nicht mehr zeitgemäßen Modells« und Einführung einer Infrastrukturabgabe als Alternative an.

Die Karlsruher Richter hatten im März 2013 eine Regelung des bayerischen Kommunalabgabengesetzes zur rückwirkenden Erhebung von Abwasserbeiträgen für verfassungswidrig erklärt und vier Jahre für das vertretbare Maximum gehalten. Weil das Thüringer Gesetz im Wortlaut weitgehend der bayerischen Fassung entspricht, sieht sich die Erfurter Landesregierung nun unter Zugzwang zur Nachbesserung.

Da Mitte September ein neuer Landtag gewählt wird, setzt die LINKE derzeit nicht auf eine Klage gegen das Gesetz, die sich über Jahre hinziehen würde. Ihr Fokus sind neue Mehrheitsverhältnisse und ein Politikwechsel im Freistaat. Eine Landesregierung unter linker Führung werde das Kommunalabgabengesetz zügig wieder ändern, so Kuschel.

Das Tauziehen um das Kommunalabgabengesetz ist Teil einer anhaltenden Auseinandersetzung um eine ausreichende Finanzierung der Kommunen im Freistaat. Viele von ihnen sind finanziell schwer angeschlagen. Sie stehen unter dem Druck der im Weimarer Landesverwaltungsamt angesiedelten Kommunalaufsicht, das fehlende Geld für den Straßenbau rückwirkend von den Bürgern einzutreiben. Insider sprechen hier von einer Gesamtsumme in Höhe von rund 240 Millionen Euro.

Für viele weniger gut betuchte Hausbesitzer können die Abgabenrechnungen finanzielle Härten mit sich bringen. Ein Beispiel von vielen: In Steinbach-Hallenberg (Landkreis Schmalkalden-Meiningen) hat die Gemeinde ein Gewerbegebiet mit einer Straße erschlossen und will eine Grundstücksbesitzerin für ein unbebaubares Hanggrundstück mit insgesamt 28 000 Euro Erschließungsbeitrag zur Kasse bitten. »Selbst mit Stundung und Zinsbeihilfen ist das ein Hammer«, so ein Insider gegenüber »nd«: »Eigentum verpflichtet zur Armut.«

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