Laues Lüftchen in der Energiewende

Grüne und BUND kritisieren neuen Gesetzesentwurf des Senats zur Klimapolitik

Im März will der Senat ein neues Gesetz zur Umsetzung der Energiewende in der Stadt vorlegen. Der Entwurf ist ein eher halbherziger Versuch moderner Energiepolitik, finden Kritiker.

Im Streit um das Berliner Energiespargesetz hat der Senat sich etwas Besonderes einfallen lassen. Noch im März will er sein eigenes Gesetz zur »Energiewende und zur Förderung des Klimaschutzes in Berlin« vorlegen und damit das 14 Jahre alte Energiespargesetz außer Kraft setzen. Der Senat reagiert damit indirekt auch auf eine Klage der Grünenfraktion vor dem Verfassungsgericht des Landes, in der es im Kern darum geht, dass der Senat seit 2003 keinen jährlichen Energiebericht mehr vorgelegt hat, so wie es eigentlich im Paragraf 16 des Gesetzes vorgeschrieben ist. Auch ein landeseigenes Energieprogramm hat es seit 2006 nicht mehr gegeben, obwohl das Gesetz alle vier Jahre eines fordert. Im neuen Energiewendegesetz ist nun lediglich alle fünf Jahre ein sogenanntes »Monitoring« der selbst gesteckten Klimaziele geplant.

In der vergangenen Woche hatte ein Vertreter des Senats erklärt, das Gesetz von 1990 sei vom Charakter her eher eine politische Bitte denn eine wirkliche Verpflichtung. Außerdem fehlten dem Senat die Ressourcen, um regelmäßig über den Fortschritt des Energiesparprogramms für die Stadt Auskunft zu geben. Die jährlich vorgelegten Energie- und CO2-Bilanzen sowie Antworten auf Große und Kleine Anfragen im Abgeordnetenhaus seien als Einblick in die Energiepolitik ausreichend, heißt es vom Senat. Nach Ansicht der Grünen fehlen so aber wichtige Informationen über die Wirksamkeit der Energiesparmaßnahmen.

Das neue Energiewendegesetz findet Michael Schäfer, Sprecher für Klimaschutz in der Grünenfraktion, dann auch ziemlich »unbefriedigend«. Seine Partei hatte bereits im Jahr 2012 auf eine Organklage gegen den Senat wegen des lapidaren Umgangs mit den Energiesparberichten hingewirkt und auch das neue Gesetz sei lediglich eine »Ersatzhandlung«, die den Senat zu keinerlei konkreten Maßnahmen verpflichte, die auch rechtsverbindlich einklagbar seien, so Schäfer. »Das Gesetz wird wieder mehr als politische Bitte denn als konkrete Handlungsanweisung interpretiert.«

In das neue Gesetz ist auch ein Klimaschutzkonzept integriert, bis das jedoch in allen Einzelheiten ausgereift sein muss, hat der Senat ab Verabschiedung des Gesetzes zwei Jahre Zeit. Für die Grünen im Abgeordnetenhaus ist das zu langwierig. »Alle Vorschriften und Berichte, die das neue Gesetz beinhaltet, hätte man längst nach dem alten Energiespargesetz umsetzen können«, sagt Schäfer. Anstatt sich über ein neues Energieprogramm Gedanken zu machen, hatte sich die Landesregierung in den Haushaltsberatungen 2011 dafür entschieden, gleich ein ganz neues Gesetz auf die Beine zu stellen, wie es vergangene Woche am Rande der Verhandlung vor dem Verfassungsgericht hieß.

Unter anderem soll darin geregelt werden, dass ab dem Jahr 2030 alle Senats- und Bezirksverwaltungen CO2-neutral arbeiten, wofür extra Sanierungsfahrpläne ausgefertigt werden. Ideen, die dem Senat vorschweben, sind Photovoltaikanlagen auf allen Behördendächern und eine energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude bis 2050. Des Weiteren verpflichtet sich das Land Berlin, bis dahin seine Kohlendioxidemissionen um 85 Prozent im Vergleich zum Gesamtausstoß von 1990 zu reduzieren.

Für Andreas Jarfe, Geschäftsführer beim Berliner Landesverband des BUND, ist diese Selbstverpflichtung einer der wenigen »Lichtblicke« in dem Entwurf. Das sonstige Potenzial des Gesetzes schätze der Senat schon von sich aus recht realistisch ein, so Jarfe weiter. Dafür zitiert er die Einleitung zum Gesetz, in der es heißt: »Durch das Inkrafttreten des Energiewendegesetzes entstehen unmittelbar noch keine Auswirkungen auf die Umwelt.« Schade, findet auch Michael Schäfer, denn mit dem Gesetz von 1990 war Berlin einst noch Vorreiter in Sachen moderner Energiepolitik gewesen.

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