Was wäre gewesen, wenn?

Dina Nayeri

  • Mona Grosche
  • Lesedauer: 2 Min.

Was ist Wahrheit? Was ist Lüge? Diese Fragen stellt sich Saba immer wieder, die als Kind die iranische Revolution miterlebt und mit ihrer Familie in die abgelegene Provinz Gilan flüchtet. Dort auf ihren Ländereien wähnen sich die wohlhabenden Hafesis als konvertierte Christen sicherer, droht ihnen doch für den Religionswechsel die Todesstrafe.

Aber auch hier erleben sie Schreckliches: Als die Eltern mit den elfjährigen Zwillingen Saba und Mahtab ein paar Tage ans Kaspische Meer fahren, machen sich die Töchter zu einem verbotenen nächtlichen Bad auf, bei dem Mahtab stirbt. Saba, die selbst kaum überlebt, kann den Tod des Zwillings nicht begreifen, vor allem, als wenig später auch die Mutter verschwindet. Für das kleine Mädchen steht fest: Beide sind in die USA, das Land ihrer Träume, emigriert.

Während um sie herum das Mullah-Regime seine Regeln mit Brutalität bis ins kleinste Dorf durchsetzt, erträumt sich Saba ein besseres Leben für ihre Schwester. Außer in ihren »Mahtab-Geschichten« findet sie Halt in amerikanischen Serien und bei ihren Freunden Ponneh und Reza, mit denen sie in der Vorratskammer verbotene Musik hört und Alkohol trinkt.

Schon bald muss sie einige schwere Entscheidungen treffen: Soll sie einen alten Witwer heiraten, um abgesichert zu sein? Ist ihre Jugendliebe Reza die richtige Wahl? Schließt sie sich einer Aktivistinnengruppe an oder flieht aus dem Land, das nicht mehr das Ihre ist?

Mit Wehmut erzählt Dina Nayeri vom Iran, der auch nicht mehr ihr Land ist. Die Autorin, selbst als Kind in die USA ausgewandert, lässt in ihrem Roman ein Leben entstehen, wie es hätte sein können, wenn ihre Familie dageblieben wäre.

So erschafft sie mit enormer Intensität das melancholisch-sehnsuchtsvolle Bild eines Lebens in der Heimat, von dem sie - ebenso wie die Figuren ihres Buches - nur zu gut weiß, dass es so allein in den Köpfen von Exilanten existiert.

Dina Nayeri: Ein Teelöffel Land und Meer. Übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, mare erlag. 528 S., geb., 22 €.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal