Feuerpause in der Westpfalz

Grundeigentümerin lässt Jagd auf ihrem 25-Hektar-Gelände verbieten

  • Lesedauer: 2 Min.
Auf einem Gelände in der Westpfalz dürfen Jäger künftig nicht mehr anlegen, der Kreis Kusel hat dem Wunsch der Besitzerin entsprochen. Jäger und Kommune sind gegen diese Maßnahme.

Kusel/Lauterecken. Grundeigentümer können die Jagd auf ihrem Land aus ethischen Gründen neuerdings verbieten lassen - und in der Westpfalz hat eine Frau Gebrauch von dieser Möglichkeit gemacht. Auf ihrem gut 25 Hektar großen Gelände bei Hohenöllen darf nach derzeitigem Stand vom 1. April an nicht mehr gejagt werden. Der Kreis Kusel habe dem Antrag der Frau entsprochen, sagte Kreissprecher Ralf Rohe auf Anfrage. Der rheinland-pfälzische Landesjagdverband und die Verbandsgemeinde Lauterecken sind gegen die Maßnahme. Nach Einschätzung des Verbandes ist es die erste Entscheidung dieser Art in Rheinland-Pfalz.

Grundlage ist das neue Bundesjagdgesetz. Mit dem Gesetz zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften wurde Paragraf 6a »Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen« in den Text eingefügt. Notwendig hatte dies ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gemacht. Er hatte 2012 entschieden, Grundstückseigentümer dürften nicht verpflichtet werden, die Jagd auf ihrem Land zu dulden. Die Verpflichtung sei eine unverhältnismäßige Belastung für Grundstücksbesitzer, die die Jagd ablehnten. Die Bundesländer haben das Recht, vom Bundesjagdgesetz abzuweichen.

Kleinstwälder in Gartengröße

In Rheinland-Pfalz gibt es laut Forstministerium in Mainz 330 700 private Waldeigentümer. Statistisch gesehen besitzt demnach also jeder zwölfte Rheinland-Pfälzer eigenen Wald. »Bei keinem anderen Bundesland ist der Waldbesitz so zersplittert«, heißt es. Grund ist die reale Erbteilung: Alle Kinder eines Waldeigentümers haben stets den Besitz unter sich aufgeteilt.

Der Geschäftsführer des Waldbesitzerverbands für Rheinland-Pfalz, Wolfgang Schuh, erklärt: »In vielen anderen Regionen hat nur ein Sohn geerbt und die Geschwister abgefunden. Dadurch hat sich größerer Besitz erhalten.« In Rheinland-Pfalz dagegen sind manche private Waldparzellen so klein wie ein Garten - und oft auch auf mehrere Flurstückchen verteilt. Die durchschnittliche Parzellengröße beträgt nur 0,6 Hektar - in Niedersachsen zum Beispiel aber rund 20 Hektar. »Teils ist es chaotisch«, bedauert Mauerhof. »Manchmal können wir Waldbesitz gar nicht mehr finden, weil Angaben fehlen und Grenzsteine verschwunden sind.« Oder Erben wissen nichts von ihrem Besitz. »Die sitzen im Ausland und sind schwer zu erreichen.«

In dem - neben Hessen - prozentual waldreichsten Bundesland Rheinland-Pfalz betrieben früher viele Bauern auch Forstwirtschaft. Heute dagegen haben die meisten Waldbesitzer andere Jobs. Zudem lässt sich mit Miniparzellen kaum Geld verdienen, höchstens Brennholz für den eigenen Kamin gewinnen. Insgesamt ist jedoch nur ein Viertel des Waldes in Rheinland-Pfalz privat. Der Staatswald macht ein weiteres Viertel aus. Die übrige Hälfte gehört den Kommunen. dpa/nd

 

Kreissprecher Rohe sagte, die Frau sei Zwangsmitglied in der Jagdgenossenschaft gewesen - »wie eigentlich jeder, der Gelände im Außenbereich hat«. Aus Gründen des Tierschutzes habe sie sich auf das EU-Urteil berufen. Mit Änderung des Bundesjagdgesetzes sei es dem Kreis möglich, eine entsprechende Entscheidung zu treffen. Wie bei jeder Verwaltungsentscheidung hätten die Beteiligten die Möglichkeit, vor dem Verwaltungsgericht dagegen vorzugehen. Die Frau selbst war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Der Sprecher des Landesjagdverbandes, Günther Diether Klein, sagte, mit der Entscheidung könne »eine Benachteiligung der Jagd« vorliegen. Nach seiner Darstellung ist das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen, es könnten noch Einsprüche kommen. Sollte die Befriedung rechtskräftig werden, müsse man abwarten, ob die vom Wild verursachten Schäden zunähmen und wie es um den Seuchenschutz bestellt sei, etwa mit Blick auf die afrikanische Schweinepest. Der Büroleiter bei der Verbandsgemeinde Lauterecken, Hans Feld, sagte, die Kommune fürchte nun mehr Wildschäden in der Landwirtschaft. dpa/nd

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