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Rom zittert vor der weißen Dame

Kokain im Koffer der Silvio-Berlusconi-Begleiterin Federica Gagliardi gefunden

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 3 Min.
Noch vor Kurzem war sie die große Unbekannte: Die »Dame in Weiß«, die Silvio Berlusconi zum G8-Gipfel nach Toronto begleitete. Nachdem Federica Gagliardi mit 24 Kilo Kokain gestellt wurde, ist das vorbei.

Weiß wie Schnee war sie gekleidet. Und Schnee hatte sie auch im Koffer. Die Beamten der italienischen Finanzpolizei staunten nicht schlecht, als sie sich am Freitag Trolley und Rucksack der aus Venezuelas Hauptstadt Caracas einreisenden Federica Gagliardi zeigen ließen. Zwischen Wäsche und allerlei Utensilien lagen fein eingetütet 24 Kilogramm reinen Kokains. Der Marktwert in Italien beträgt 900 000 Euro. Verschnitten und im weiteren Verkauf erhöht sich der Wert um das Zwei- bis Dreifache.

Gagliardi ist allerdings nicht der Typ des Drogenhändlers, der solch eine bedeutende Menge an Kokain aus Lateinamerika einführt und an Straßenverkäufer weiterleitet. Kokain ist die Wohlstandsdroge. Kein Wunder, dass sowohl die Auftraggeber, aber auch der prominente Bekanntenkreis von Gagliardi sich Sorgen um die Wirkung ihrer möglichen Aussagen machen. Dies aber sei genau ihre Absicht, wie ihr Rechtsanwalt Nicola Capozzoli am Montag erklärte. Man habe bereits Kontakt mit dem ermittelnden Staatsanwalt aufgenommen.

Vor allem die römischen Kreise der Berlusconi-Partei Forza Italia zeigen sich beunruhigt. Aber auch prominente Schauspieler sind nicht gerade sehr amüsiert darüber, was sich seit dem Wochenende um die »weiße Dame« abspielt.

Die studierte Juristin trat zum ersten Mal 2009 in Italiens Politik auf. Damals gehörte sie zur Wahlkampfmannschaft von Renata Polverini, Gouverneurin von Latium, die inzwischen rechtskräftig wegen Korruption verurteilt ist. Im März 2010 lernte sie Silvio Berlusconi kennen. Sie deutete an, dass ihr Auslandserfahrungen fehlten, worauf der Cavaliere sie sofort zum G8-Gipfel nach Toronto mitnahm. Die Presse wunderte sich über die namenlose »Dame in Weiß«, die an der Seite des Regierungschefs aus dem Flugzeug stieg.

Sehr bald unternahm sie häufig Flüge nach Lateinamerika, stets mit Diplomatenpass ausgerüstet. Enge Verbindungen unterhielt sie zu Francesco Maria Orsi, der rechten Hand des Ex-Bürgermeisters von Rom und dem ebenfalls gutem Vertrauten Berlusconis, Gianni Alemanno. Gegen Orsi hatte die römische Staatsanwaltschaft bereits 2011 wegen Geldwäsche und Missbrauchs öffentlicher Gelder für rauschende Feste, wegen Korruption und Kokainmissbrauchs ermittelt. Naheliegend, dass in den Kreisen nun auch die Abnehmer für das von Gagliardi transportierte Kokain gesucht werden. Involviert sind ferner Filmunternehmer Giulio Violati und seine Ehefrau und die Schauspielerin Maria Grazia Cucinotta.

Ins Visier geriet Gagliardi allerdings den Drogenfahndern aus Neapel. Die untersuchen bereits seit geraumer Zeit den Handel zwischen Venezuela und Europa. Dabei fielen die häufigen Reisen der weißen Dame nach Caracas auf - der Hinweis an die Finanzpolizei führte zum Erfolg in der vergangenen Woche.

Zur selben Zeit nahmen Spezialeinheiten einen spanischen Lkw-Fahrer auf der Ringautobahn bei Rom fest: Er hatte 30 Kilogramm Kokain im Motorraum versteckt. Ein dritter Fund gelang den Drogenfahndern in Gioia Tauro. Im größten italienischen Containerhafen konnte ein ebenfalls aus Lateinamerika angelandeter Container sichergestellt werden, in dem 31 Kilogramm Kokain versteckt waren. Inwieweit Verbindungen zwischen den Fällen bestehen und wer die Hintermänner sind, werden die Ermittlungen erweisen müssen.

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