Schottland prüft das Königreich

London hat nichts gegen ein Referendum, will aber Sezession vermeiden

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Am 18. September findet in Schottland ein mit Großbritannien im Einvernehmen verabredetes Referendum statt. Das zeigt: Über Separatismus kann auch demokratisch abgestimmt werden.

Allein die Tatsache, dass am 18. September in Schottland ein mit der Tarnkappenaktion auf der Krim unvergleichbares Referendum zu der Frage stattfindet, ob der Norden selbstständig werden will, zeugt von der Zerrissenheit der einstigen Weltmacht Großbritannien.

Die Scottish National Party (SNP), im Regionalparlament in Edinburgh allein regierend, ist eine sozialdemokratische Partei, die Schottland unabhängig machen will. Die Begründung: Befreit von der abgehobenen, asozialen Politik Londons könne Schottland »besser, reicher und gesünder, grüner und gerechter, kreativer und friedlicher« sein. Etwa ein Drittel der Schotten will, dass ihr Parlament alle Entscheidungen fällt, die Schottland angehen. Ein weiteres Drittel ist für den Ausbau der Selbstverwaltung dafür, die Befugnisse Londons auf Außen- und Verteidigungspolitik zu beschränken.

Laut SNP-Fahrplan könnte die Unabhängigkeit, eine Mehrheit im Referendum vorausgesetzt, im Frühjahr 2016 in Kraft treten. Dann sollen die Queen zwar Landesmutter und das Pfund Landeswährung bleiben. Die Gewinne aus der Ölförderung vor der Küste, wo die Vorräte für wohl weitere vier Dekaden reichen, sollen allerdings nur noch nach Edinburgh fließen. In der Vision der Nationalisten bildet Schottland mit England, Wales und Nordirland dann eine Reisezone, bleibt Mitglied von EU und NATO, arbeitet eng mit den skandinavischen Nachbarn zusammen und unterhält eine Armee von nur 15 000 Mann.

Die Lebensfähigkeit eines eigenständigen Schottlands ist so unstrittig, wie als sicher gilt, dass sein Ausstieg aus der Union Fliehkräfte in Wales stärken dürfte. England könne es schaffen, so der Publizist Simon Jenkins, »in 100 Jahren nicht nur ein, sondern zwei Empires zu verlieren«. Ex-NATO-Generalsekretär George Robertson (Schotte) warnt daher: »Das Königreich wäre immer noch bedeutend, doch der Verlust eines Drittels seiner Landmasse, von fünf Millionen Menschen und eines Gutteils seiner Glaubwürdigkeit würden sein globales Gewicht unweigerlich schmälern.«

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