Die Familienfanatiker

Am Mittwoch startet die letzte Staffel von »How I Met Your Mother« im deutschen TV

  • Lukas Wilhelmi
  • Lesedauer: 2 Min.

Es war einmal, da traf sich die Welt in »Seinfelds« Küche und redete über, ja worüber? Alles, also nichts. Egal, aber schön! Ein halbes Jahrzehnt später setzte sich das Publikum in tief gepolstertes Interieur und trank Kaffee. Bei »Friends« sollten sich am Ende noch alle irgendwie kriegen. Nun ist aus dieser latenten Hinführung, der sich »Seinfeld« noch konsequent verweigerte und die »Friends« behutsam abtrug, ein ganzer Dauer-dramaturgischer Strang geknüpft worden, der bald seine titelgebende Entwirrung erreichen wird: »How I Met Your Mother« geht am 26. März auch im deutschen Fernsehen in seine letzte Runde.

Im neunten Jahr sitzt die Gruppe mittlerweile bei Bier und Whiskey. Es ist Abend in New York und die Stimmung aufgeladen. Ein paar Staffeln zu lang, ein paar dramatische Schleifen zu viel, aber gut. Sämtliche Möglichkeiten, warum es mit Mann und Frau anfängt oder aufhört, wollten durchexerziert werden. Das Latente ist aus der Welt, der Kaffee kalt, es gilt »Die Eine« zu finden. Und das ganze Pathos, das in dieser Aufgabe steckt, es erfasst mittlerweile - zum Leidwesen von Kurzweil und Qualität - alle Charaktere. Familienangehörige mussten sterben, Umwege wurden gegangen. Selbst die Karrieristin Robin und Womenizer Barney haben sich finden - müssen. Weil Glück bei »How I Met Your Mother« dann eben doch nur den einen Weg kennt, den amerikanischen: die Heirat. Da war anfangs viel Potenzial, kluge Beobachtungen, die in ihrer Richtigkeit ein Fundament fanden, das in der anschließenden Überspitzung seine telegenen Helden erschuf: Lily und Marshall, das perfekte Paar; die wert-maskuline und doch voll-neurotisch weibliche Robin; der hoffnungslos romantische und dabei wunderbar trotzige Ted, selbstbewusste Prototypen des 21. Jahrhunderts. Und natürlich Barney. Von Autoren und dem schwulen Neil Patrick Harris zur globalen Popfigur gemacht. Und damit, zwischen Oscar-Tanznummern und Bravo-Covern, ganz nebenbei, ganz unaufgeregt, Kämpfer für die gleichgeschlechtliche Liebe. Ein Vorzeige-Metrosexueller, der Frauen nach Themenabenden und Bingokarten aufreißt, zum Leben erweckt von einem Schauspieler, der im wahren Leben mit Lebenspartner und den gemeinsamen Leihmutter-Zwilligen in jedem Klatschheft lauert. Und niemanden stört es. Barney dabei zu belassen, ihn Hefner-haft, ohne die große Wandlung, glücklich unliiert altern zu lassen, dafür fehlte der Serie der Mut. Doch diese Ernsthaftigkeit, die ab der vierten Staffel heranwuchs, untergrub auf groteske Weise die Identität der Serie. War diese doch anfangs frei von Zwängen, noch nicht umschlungen von dieser Ideologie, nur Kind und Treueschwur würden dem Leben einen Sinn geben.

Ab 26. März, Pro7, alle Folgen jeweils mittwochs 20.15 Uhr.

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