Symbolischer Begleitschutz

Bundestag debattiert über Bundeswehrbeteiligung an der Absicherung der Zerstörung syrischer Chemiewaffen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Abgeordnete der Linksfraktion haben sich im Parlament ablehnend zur Chemiewaffenmission der Bundeswehr geäußert. Intern wird über das Thema aber noch gestritten.

Dass es am Freitagnachmittag im Bundestag zu heftigen Auseinandersetzungen kommt, ist zurzeit selten. Die Reihen haben sich dann in der Regel gelichtet und die mit großer Mehrheit regierenden Koalitionäre haben viel Zeit, sich weitgehend ungestört gegenseitig zu loben.

Ganz anders war es, als die Abgeordneten nun über den Einsatz einer deutschen Fregatte diskutierten. Diese soll sich mit bis zu 300 Bundeswehrsoldaten an der militärischen Absicherung eines US-Spezialschiffes, auf dem syrische Chemiewaffen zunächst neutralisiert werden, beteiligen. Zu Beginn der Debatte sah sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) dem Vorwurf ausgesetzt, ihre Behauptung, dass »das syrische Regime am 21. August 2013 Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung gerichtet hat«, nicht belegen zu können. In einer Zwischenfrage hatte der LINKE-Außenpolitiker Jan van Aken darauf aufmerksam gemacht, dass in einem UN-Bericht nicht festgestellt wurde, wer die Waffen eingesetzt habe. Von der Leyen meinte darauf, man solle keinen Grabenkrieg um diese Frage führen. »Ich hoffe - auch mit Blick auf die LINKE - dass das gesamte Hohe Haus dieses Mandat unterstützt«, sagte sie. Denn wer in der Forderung nach Abrüstung von Waffen glaubwürdig sein wolle, dürfe sich bei der praktischen Umsetzung nicht verweigern. Der Bundestag will nächste Woche über den Einsatz abstimmen. Grundlage dafür ist eine Resolution des UN-Sicherheitsrats.

Der Großen Koalition kommt der Konflikt in der Linksfraktion, die darüber streitet, wie sie sich zu dem Einsatz verhalten soll, offenbar gelegen. Bisher hatte die Fraktion alle Auslandseinsätze der Bundeswehr abgelehnt. Nun ist es möglich, dass sich einige Abgeordnete der Linksfraktion enthalten oder mit Ja stimmen werden. Fraktionschef Gregor Gysi hatte in der Sitzung der Abgeordneten am Dienstag für eine geschlossene Enthaltung geworben. Möglicherweise wird die Abstimmung aber nun freigegeben. Eine Entscheidung soll hierzu bei einer Fraktionssitzung am Montag getroffen werden.

Die LINKE-Abgeordnete Christine Buchholz erklärte, ihr sei kein Argument bekannt, das sie davon abbringen könne, mit Nein zu stimmen. Sie sei misstrauisch, weil das Operationsgebiet nicht nur, wie zunächst verlautet, im Mittelmeer, sondern bei Bedarf auch im Nordatlantik und angrenzenden Seegebieten sein solle. »Es handelt sich um eine symbolische Aktion für die neue außenpolitische Strategie der Regierung«, sagte Buchholz. Militärische Fähigkeiten sollten ausgebaut und getestet sowie die Öffentlichkeit an Auslandseinsätze gewöhnt werden.

Kritik an dem Einsatz übte auch der LINKE-Abgeordnete Wolfgang Gehrcke: Russland, das dem Einsatz zugestimmt habe, werde nun über den NATO-Russland-Rat aus der Aktion rausgeschmissen. Wegen der Krise in der Ukraine hatte die NATO die Zusammenarbeit mit Russland auf Eis gelegt. Auf Gehrckes Kurzintervention reagierte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, verärgert. »Ihnen ist kein Argument zu schade und zu schlecht, um die fraktionsübergreifende Einmütigkeit in Frage zu stellen, dass es sich hierbei um einen Beitrag handelt, eine Krisenregion wenigstes halbwegs zu stabilisieren«, sagte der SPD-Politiker.

Anders als die Linksfraktion werden die Grünen wohl mit großer Mehrheit dem Einsatz zustimmen. Dies verkündete die sicherheitspolitische Sprecherin Agnieszka Brugger. Sie könne allerdings der Bundesregierung einige »kritische Worte nicht ersparen«. Deutschland trage auch wegen seiner Exportpolitik eine große Verantwortung. Denn deutsche Firmen haben eine wichtige Rolle beim Aufbau des syrischen Chemiewaffenprogramms gespielt. Doch die Namen der Unternehmen, die damit viel Geld verdient haben, will die Bundesregierung mit dem Verweis auf das Geschäftsgeheimnis bisher nicht offenlegen.

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