Zur Datenspeicherung

INTERNATIONALE PRESSE

  • Lesedauer: 3 Min.

Standard, Österreich
Wegen Pimperldelikten

Überraschend ist die Deutlichkeit, mit der die Richter in Luxemburg die derzeitigen Rahmenbedingungen für die Vorabspeicherung von Daten zerpflückt haben. Sie bestätigen den Vorwurf von Datenschützern, dass die Regelung mehr Schaden als Nutzen bringt. Dass sämtliche Verbindungsdaten - Telefon, E-Mails, Internet - ohne konkreten Verdacht bis zu zwei Jahre aufgehoben werden sollten, verunsichere die Bevölkerung massiv. In Österreich wird die Reparatur eher gemäßigt ausfallen, weil hier bei der Speicherdauer ohnehin nur das Mindestmaß von sechs Monaten gilt. Doch der EuGH kritisiert auch, dass die gespeicherten Daten immer öfter wegen Pimperldelikten abgefragt werden - was ausgerechnet Zahlen aus Österreich belegen. Heimische Polizeiermittler werden ihre Abfragepraxis deutlich zurückfahren müssen.

Die Presse, Österreich
Österreichs Verdienst

Die Bedrohung, die das Durchleuchten ausnahmslos aller rechtfertigte, gibt es nicht. Diese Erkenntnis ist unter anderem das Verdienst der österreichischen Umsetzung der Richtlinie, die als einzige eine detaillierte Auswertung der Nutzung von Vorratsdaten vorsieht. Dank ihrer wissen auch die EU-Richter, dass von 438 Anfragen innerhalb eines Jahres eine einzige den Verdacht auf eine »terroristische Vereinigung« als Hintergrund hatte.

Neue Zürcher Zeitung, Schweiz
Verwirrendes Deutschland

Es ist stets etwas verwirrend, wenn deutsche Politiker über staatliches Spionieren sprechen. Einerseits finden sie die Schnüffelei beklagenswert, vor allem, wenn sie von Amerikanern und Briten ohne behördliche deutsche Genehmigung praktiziert wird. Anderseits möchte die schwarz-rote Koalition im Rahmen ihrer umfangreichen Sicherheitsbemühungen selber so viele Daten wie möglich abfangen und aufbewahren, so hat sie es im Koalitionsvertrag festgelegt. Gegen diese Vorratsdatenspeicherung wiederum wenden sich Liberale, Grüne, Piraten, Linke und viele Bürgerrechtsorganisationen, die für einen verbesserten Datenschutz und gegen den »gläsernen Menschen« plädieren. Anders sieht es die Mehrheit dieser Gruppen allerdings, wenn der Staat als Steuerfahnder auftritt: In diesem Fall soll massive Überwachung inklusive Rasterfahndung gestattet sein.

Göteborgs-Posten, Schweden
Neue Debatte nötig

Schweden hat diese erst 2012 umgesetzt und musste dafür Strafen zahlen - Geld, das nun fairerweise zurückgezahlt werden müsste: Immerhin wurde Schweden gezwungen, etwas einzuführen, das sich nunmehr als ungültig erwiesen hat.

De Standaard, Belgien
Sicherheit und Freiheit

Viele von uns haben kein Problem damit, persönliche Freiheit im Gegenzug für mehr Sicherheit aufzugeben. Ist nicht jedes Opfer, das vermieden wird, indem gesammelte Informationen rechtzeitig helfen, Unheil zu vermeiden, eine Rechtfertigung für dieses Vorgehen? Nun, der Europäische Gerichtshof sieht das nicht so. Und zwar zu Recht. Nicht weil Sicherheit keine wichtige Aufgabe für den Staat wäre. Sondern weil das Sicherheitsprinzip in einer freien Gesellschaft nicht der einzige Entscheidungsgrund sein kann.

De Telegraaf, Niederlande
Ungeheurer Eingriff

Die Speicherung der Metadaten ist nicht so unschuldig, wie die Regierungen, auch die niederländische, seit Jahren behaupten. Es geht um Daten, die sehr genaue Einblicke in das Privatleben der Menschen geben können. Die Speicherung von Daten führt zu einer Gesellschaft, in der Menschen ständig das Gefühl haben, kontrolliert zu werden. In einer Demokratie darf das alltägliche Leben der Bürger den Staat nichts angehen. Doch das änderte sich schleichend und ein bösartiger Leitspruch setzte sich durch: »Wer nichts zu verbergen hat, muss auch nichts befürchten.« Der Kampf gegen Kriminalität und Terror rechtfertigte nicht den ungeheuren Eingriff in die Privatsphäre von so vielen unschuldigen Bürgern.

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