Zusammenleben ohne Trauschein

Miet- und Wohnrecht

  • Lesedauer: 4 Min.
Immer mehr Bundesbürger, 2012 waren es schon 5,5 Millionen Menschen, leben in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, viele in der eigenen Immobilie. Genau hier gibt es ein rechtliches Risiko.

Wer in der Immobilie eines nichtehelichen Lebensgefährten wohnt, muss im Alter mit plötzlichem Rausschmiss rechnen. Der bundesweite Verband VorsorgeAnwalt e.V. in Berlin erklärt, wie nichteheliche Lebensgefährten ihren Bund fürs Leben richtig absichern.

Schon heute ist in jeder zehnten «wilden Ehe» mindestens einer der beiden Partner 65 Jahre alt oder älter. Aber: Die nichteheliche Lebenspartnerschaft bietet nicht den gleichen Schutz wie eine Ehe. Man sollte frühzeitig für den nötigen rechtlichen Flankenschutz sorgen.

Die offenen Flanken einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft werden unterschätzt. Besonders riskant lebt es sich ohne Trauschein in einer Immobilie, die nur einem der beiden Lebenspartner gehört. Auch bei einer Beziehung, die sich als Bund fürs Leben bewährt, steht der Lebenspartner, der nicht Immobilieneigentümer ist, mit einem Bein auf der Straße.

Die Gefahr ist am größten, wenn der Eigentümer respektive die Eigentümerin der gemeinsam bewohnten Immobilie stirbt oder nach Unfall oder Krankheit nicht mehr Herr seiner Sinne ist und deshalb nicht mehr in eigener Sache entscheiden kann.

Nichtehelichen Lebenspartnern droht Rausschmiss durch Erben und Betreuer

Im Todesfall kommen die Erben ans Ruder. Diese müssen dem Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin des verstorbenen Immobilieneigentümers zwar 30 Tage Zeit lassen. Doch danach können sie ohne Weiteres die Räumung und Herausgabe der Wohnung verlangen. Es sei denn, der Verstorbene hat zu Lebzeiten mit dem nichtehelichen Partner eine anderslautende Vereinbarung getroffen und ihm zum Beispiel ein lebenslanges Wohnrecht in der Immobilie eingeräumt. Allerdings muss der Lebensgefährte das auch nachweisen können. Insofern ist eine schriftliche Vereinbarung geboten.

Ähnlich sieht die Lage aus, wenn ein Unfall oder eine schwere Krankheit wie Demenz den Eigentümer der Immobilie schachmatt setzen. Im Betreuungsfall hängt für beide Partner viel davon ab, ob eine wirksame Vorsorgevollmacht vorliegt. Mit dieser bestimmen Menschen frühzeitig, wer für sie Entscheidungen treffen soll, falls sie selbst nicht mehr dazu in der Lage sein sollten.

Ohne Vorsorgevollmacht setzt das Gericht einen Betreuer ein. Das kann auch ein Fremder sein. Soll dieser für den Betreuten auch die Immobilien verwalten, droht dessen nichtehelichem Lebenspartner Ungemach. Der Betreuer wird eine marktübliche Miete verlangen oder den nichtehelichen Partner des Betreuten vor die Türe setzen. Dass das rechtens ist, hat der Bundesgerichtshof (Az. XII ZR 110/06) höchstrichterlich abgesegnet.

Der Betreuer muss nicht einmal berücksichtigen, dass der nichteheliche Lebenspartner mit dem erkrankten Immobilieneigentümer jahrzehntelang ohne Mietvereinbarung zusammengewohnt hat. Auch der persönliche Einsatz bei der Pflege des kranken Partners schützt einen nicht vor dem Rausschmiss durch den Betreuer.

Ohne Rücksicht auf nichteheliche Lebenspartner

Besonders bitter: Kommt es zum Rechtsstreit, ist formal nicht etwa der Betreuer derjenige, der klagt, sondern immer noch der Immobilieneigentümer, also der kranke Lebensgefährte. Denn der Betreuer handelt nicht für sich, sondern im Namen des Betreuten. Den nichtehelichen Lebensgefährten der Betreuten fällt es regelmäßig schwer zu akzeptieren, dass sich ein Betreuer weder in die eheähnliche Beziehung der betreuten Person einfühlen noch für deren nichtehelichen Lebenspartner verantwortlich fühlen muss.

Eheleute nimmt der Gesetzgeber dagegen regelrecht in die Pflicht. Wörtlich heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch: «Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung. Das sorgt im Alter auch mit Blick auf die Wohnverhältnisse für Sicherheit.

Nichteheliche Lebenspartner können ihren Bund fürs Leben rechtlich absichern

Nichteheliche Partner müssen schon selbst für die Absicherung ihres gemeinsamen Lebens sorgen. Böse Überraschungen im Alter lassen sich am besten mit einer Kombination aus Vorsorgevollmacht, Testament und Wohnrecht verhindern. VorsorgeAnwalt bietet unter www.vorsorgevollmacht anwalt.de/checkliste einen Check an, mit dem auch nichteheliche Lebenspartner ihren Vorsorgestatus prüfen können.

Rechtsanwalt Dietmar Kurze,

Fachanwalt für Erbrecht

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