Johannes Paul zückte die Pistole
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen Bochumer Rechtspolitiker, der auf fragwürdige Weise gegen Kritiker vorging
Antifaschisten werfen der AfD »Bereitschaft zur im Zweifel tödlichen Gewalt« vor. Die Anschuldigung folgt einem Vorfall in Bochum, bei dem der AfD-Politiker Johannes Paul ein weniger christliches Verhalten an den Tag legte, als sein Name nahelegen könnte, den bekanntlich auch ein Papst trug.
Johannes Paul, stellvertretender Sprecher der »Alternative für Deutschland« in der Ruhrstadt, hatte am Mittwochabend einen Gegner der rechtskonservativ-wirtschaftsliberalen Partei mit dem Auto verfolgt und mit einer Schusswaffe bedroht. Der Gegner, der »Fred. F.« genannt wird, hatte den Wahlkämpfer Paul zur Rede gestellt und dabei gespuckt. Entweder in Richtung Paul - oder auf den Boden. Auch ansonsten gehen die Berichte auseinander. Die Staatsanwaltschaft Bochum ermittelt. Das bestätigte ein Sprecher der Behörde am Freitag gegenüber »nd«. Genaueres ließe sich beim derzeitigen Stand der Ermittlungen indes noch nicht sagen.
AfD-Kritiker wähnen »Fred F.« als klares Opfer. So heißt es in einer Stellungnahme des »Antifa-Klüngels Bochum«, F. sei zufällig an einer Gruppe von AfD-Plakatierern vorbei geradelt und habe »seinen Unmut gegen deren Wahlkampf« geäußert. Der »gewaltbereite AFD-Funktionär« Johannes Paul habe den Radfahrer F. mit seinem PKW bis zu einem nahe gelegenen Parkplatz verfolgt. »Dort zwang der Rechtspopulist den Antifaschisten durch ein äußerst riskantes Fahrmanöver zum Anhalten und bedrohte ihn mit einer Pistole, die er auch demonstrativ durchlud.« F. habe daraufhin die Flucht ergriffen.
Auf »nd«-Nachfrage bestätigt Bochums AfD in einer Stellungnahme den Vorfall in wichtigen Punkten, spricht aber von gleich zwei Angriffen »von Tätern aus der linksautonomen Szene« gegen AfD-Wahlkämpfer an besagtem Abend. Zweimal seien die Plakat-Aufhänger »von vorbeiradelnden Tätern bespuckt und beschimpft« worden. Beide Male seien die Täter geflüchtet. Im zweiten Fall »konnte einer der Täter gestellt werden, indem eines der AfD-Mitglieder die Verfolgung mit seinem PKW vornahm«. Gemeint ist offensichtlich »Fred F.«.
Der Autofahrer, offenbar Johannes Paul, habe durch ein Seitenfenster »Fred F.s« Personalien gefordert. F. sei jedoch »weiterhin aggressiv« gewesen und habe mit der Faust gedroht sowie »erneut zum Spucken« angesetzt. Paul, der »als friedliebender Mensch bekannt« sei, »bekam es mit der Angst zu tun und entnahm seinem Rucksack eine Schreckschusspistole, um den jungen Mann damit abzuschrecken«. F. sei schreiend geflohen. Paul habe sich gegenüber Passanten zu erkennen gegeben, die Situation erklärt und seinen Waffenschein vorgezeigt.
Vor zwei Wochen hatten polizeilicher Staatsschutz und Lokalpresse noch vor angeblich drohenden »Anschlägen« auf Afd-Kandidaten gewarnt. Am heutigen Samstag wird auf Bochums zentral gelegenem Husemannplatz eine Kundgebung gegen die »gewaltbereite« AfD stattfinden.
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