NATO will dauerhaft im Osten präsent sein

Oberkommandeur des Militärbündnisses spricht von »neuem Paradigma« / Russlandbeauftragter Erler und OSZE-Chef fordern Kiew zu Stopp der Offensive in der Ostukraine auf

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Berlin. Unter Hinweis auf den Ukraine-Konflikt erwägt die NATO, dauerhaft Truppen in Osteuropa zu stationieren. Der oberste Kommandeur des Militärbündnisses, General Philip Breedlove, sagte vor Journalisten in Ottawa: »Ich denke, das ist etwas, was wir erwägen müssen.« Die Idee werde den politischen Führern der Mitgliedsstaaten zur Diskussion vorgelegt und es sei abzuwarten, was dabei herauskomme, erklärte der US-General nach Angaben des kanadischen Senders CBC. Die Ereignisse auf der Krim sowie die nach Breedlove Worten direkte Verwicklung Moskaus in die Geschehnisse in der Ostukraine hätten ein »neues Paradigma« geschaffen, das die NATO zu solchen Überlegungen zwinge. Die NATO-Länder hätten ihre Verteidigungsausgaben nach dem Ende des Kalten Krieges nach unten gefahren und Russland als künftigen Partner gesehen, sagte Breedlove in Ottawa. Nun sei »sehr klar, dass sich diese Annahme in der aktuellen Situation verändert« habe. »Russland verhält sich nicht als Partner.« Um diesen neuen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, müsse die NATO nun ihre »Reaktionsfähigkeit, Einsatzbereitschaft und Positionierung unserer Truppen« überprüfen, sagte Breedlove. Wegen des Ukraine-Konflikts hatten die NATO-Mitglieder ihre Präsenz in östlichen Mitgliedsstaaten wie Polen und den Baltischen Staaten verstärkt. Entsandt wurden unter anderem Soldaten, Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge. Der Einsatz ist vorläufig bis Ende des Jahres befristet.

Derweil hat sich die Bundesregierung Forderungen der Linkspartei zu einer Waffenruhe angeschlossen und die Übergangsregierung in der Ukraine dazu aufgerufen, ihre Offensive im Osten des Landes zu stoppen. Gegenüber der »Neuen Osnabrücker Zeitung« sagte der Russlandbeauftragte des Kabinetts, Gernot Erler, Kiew müsse sein »militärisches Vorgehen gegen prorussische Separatisten im Osten der Ukraine beenden«. Mit Blick auf die geplante Präsidentschaftswahl am 25. Mai erklärte der SPD-Politiker: »Das Land braucht ein Umfeld, in dem sich die Bürger möglichst normal an der Wahl beteiligen können. In weiten Teilen der Ukraine ist dies problemlos möglich, im Osten aber nicht. Deshalb müssen die Kämpfe dort aufhören, damit hinterher niemand sagen kann, die Wahlen waren nicht korrekt.« Erler räumte allerdings ein, dass es in den Konfliktgebieten in jedem Fall Einschränkungen bei der Wahl geben dürfte. Etliche Menschen seien womöglich so verängstigt, dass sie sich nicht trauten, ihre Stimme abzugeben.

Inzwischen gehen die Bemühungen um eine diplomatische Lösung der Ukrainekrise weiter. An Mittwoch trifft sich der Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Didier Burkhalter, in Moskau mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Auch bei diesem Vermittlungsversuch wird es darum gehen, wie die Lage vor der Präsidentenwahl am 25. Mai in der Ukraine beruhigt werden kann. Burkhalter, der Schweizer Bundespräsident ist, hatte ebenfalls eine Waffenruhe gefordert. Die OSZE will die Wahl mit gut 1.000 Beobachtern begleiten und so einen fairen Ablauf sicherstellen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt den ukrainischen Präsidentschaftskandidaten Pjotr Poroschenko im Kanzleramt. Der schwerreiche Süßwarenunternehmer, der als aussichtsreichster Bewerber bei der Wahl gilt, kündigte Medien zufolge auch ein Treffen mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier an. Die Ukraine wolle alle potenziellen Partner und Verbündeten mobilisieren, um weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen, sagte er demnach. Steinmeier hatte sich zuvor für eine zweite internationale Krisenkonferenz zur Ukraine noch vor der Wahl am 25. Mai stark gemacht. Ob es dazu allerdings kommt, ist ungewiss. Die Kiewer Übergangsregierung wies am Dienstag die Forderung Russlands zurück, die moskaunahen Kräfte aus dem Osten des Landes an Verhandlungen zu beteiligen. Agenturen/nd

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