Ausblick bis Wladiwostok

Internationales Forum diskutierte in Berlin die Überwindung der Krise und Perspektiven Europas

  • Hubert Thielicke
  • Lesedauer: 2 Min.
Wie können in der Ukraine-Krise gewachsene Barrieren zwischen dem Westen und Russland überwunden werden - Fragen für das Deutsch-Russische und das Weltforum »Dialog der Zivilisationen«.

Glaubt man gewissen Medien, so standen Conchita Wurst, die »Dragqueen aus Wien«, und die russische Homophobie im Mittelpunkt der internationalen Berliner Konferenz. Wenn auch Matthias Platzeck, Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums, das russische Gesetz gegen »homosexuelle Propaganda« kritisierte, ging es jedoch vor allem um Wege aus der aktuellen Krise.

Die Idee eines großen, gemeinsamen Europa sei schon vor den Ereignissen in der Ukraine verloren gegangen, meinte Platzeck. Nun seien Deeskalation und Dialog dringend nötig. Man müsse sich fragen, warum gerade jetzt der NATO-Russland-Rat auf Eis gelegt wurde, warum es nicht zu Visa-Erleichterungen gekommen ist. Als Teilnehmer des Runden Tisches in der DDR sah er in einer Kiewer Diskussion ohne Vertreter der ostukrainischen Aufständischen keinen Sinn.

An deutlichen Worten ließ es Wladimir Jakunin, Präsident des Weltforums und russischer Eisenbahnchef, nicht fehlen. Europa müsse sich befreien von der Dominanz der globalen Finanzoligarchie, wobei er vor allem die USA im Blick hatte. Während alles, was von dort komme, gut sei, werde alles aus Russland von vornherein als schlecht verworfen. Leider fehle eine europäische Plattform für den strategischen Dialog.

Walter Schwimmer aus Österreich, ehemaliger Generalsekretär des Europarates, betonte die kulturelle Identität Europas. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass Europa wieder wie 1914 in einen Krieg schlittere. Ein Rückfall in einen neuen Kalten Krieg müsse verhindert werden, forderte der US-amerikanische Philosoph Fred Dallmayr. Europa müsse sich auf seine Stärke besinnen - die Vielfalt.

Gesucht wurde nach Ideen für die Zukunft Europas nach Überwindung der Ukraine-Krise. Dabei ging es weniger darum zu klären, wer an bestimmten Entwicklungen schuld, sondern was nun zu tun sei, wie Ruslan Grinberg, Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften betonte. Wichtig seien gemeinsame Interessen an der Entwicklung des eurasischen Raumes. Ende des Monats werde von Belarus, Kasachstan und Russland der Vertrag über die Eurasische Wirtschaftsunion unterzeichnet, der weitestgehend auch Erfahrungen der EU berücksichtige, so Viktor Spasski, Abteilungsleiter der Eurasischen Wirtschaftskommission.

Die Wirtschaft müsse auf pragmatische Weise bei der Entwicklung der Zusammenarbeit vorangehen, meinten Vertreter deutscher Unternehmen. Dabei waren auch solche Projekte gemeint wie die transeurasische Eisenbahnverbindung Wien - Wladiwostok oder ein Wirtschaftskorridor von Europa bis zum Fernen Osten.

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