Pekings Plattform

China wirbt für gemeinsame Sicherheitsstrategie in Asien

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Mittwochabend ist in Shanghai die vierte Konferenz für Interaktion und vertrauensbildende Maßnahmen in Asien (CICA) zu Ende gegangen.

In der medialen Welt der internationalen Akronyme spielte die Abkürzung CICA bisher kaum eine Rolle, obwohl es die »Conference on Interaction and Confidence Building Measures in Asia« schon seit 1992 gibt. Aber das könnte sich nun ändern. Denn erstmals und bis 2016 hat China den Vorsitz übernommen und scheint gewillt, über diese Organisation seine sicherheitspolitischen Vorstellungen in der Region zu verankern. Die zum Abschluss der vierten CICA-Konferenz mit Vertretern aus 46 Ländern sowie internationaler Organisationen, darunter 13 Staatschefs und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, verabschiedete »Shanghaier Deklaration« soll da nur der Anfang sein. Kern des Dokuments ist eine von Staatspräsident Xi Jinping initiierte gemeinsame Sicherheitsstrategie.

Nach Pekings Vorstellungen soll die CICA zu einer Kooperationsplattform für ganz Asien ausgebaut werden. Schon in seiner Begrüßungsrede hatte Xi betont, dass die meisten der aufstrebenden Ökonomien zu diesem Kontinent gehörten. Die Länder der Region sollten die Chance nutzen, die Entwicklung durch Solidarität und Kooperation zu fördern. Für den kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew ist etwa Xis Initiative zum Wiederaufbau der Seidenstraße dafür eine gute Basis. Die CICA sei zudem das Sicherheitsforum mit der größten Zahl asiatischer Mitgliedstaaten und habe großes Potenzial zur Förderung des Dialogs und Vertrauens zwischen den Ländern.

Lexikon
Die CICA wurde 1992 auf Initiative des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew ins Leben gerufen und zählt heute 28 Staaten sowie die Liga der Arabischen Staaten, die UNO und die OSZE als Mitglieder. Die Länder umfassen 400 Mio. Quadratkilometer, rund 90 Prozent des Territoriums Asiens. Dort leben über 2,9 Milliarden Menschen, etwa 47 Prozent der Weltbevölkerung. Seit Dezember 2007 hat die CICA den Status eines Beobachters bei der UN-Vollversammlung. nd

 

Die »drei bösen Kräfte« Separatismus, Extremismus und Terrorismus müssten durch eine verstärkte internationale und regionale Kooperation bekämpft werden, so Xi. Ohne jede Toleranz. Der jüngste Anschlag in der Unruheprovinz Xinjiang dürfte da wieder Wasser auf die Pekinger Mühlen sein. In Russland hat die chinesische Führung mit dieser Politik nicht nur einen wichtigen Handelspartner (siehe Beitrag unten). Schon 2001 gründete man zusammen mit vier zentralasiatischen Ländern die »Shanghai Cooperation Organization«, um ein Gegengewicht zu den USA in Asien zu bilden. Nun warb Präsident Wladimir Putin für eine gleichberechtigte, blockfreie Sicherheitsarchitektur auch mit Hilfe der CICA.

China strebe nach wie vor eine Beilegung territorialer und maritimer Konflikte mit den betreffenden Ländern auf friedliche Weise an, betonte Xi. Über die Miene des anwesenden vietnamesischen Vizepräsidenten an dieser Stelle wurde nichts bekannt. Wie mit Japan, Südkorea, Taiwan oder den Philippinen streitet Peking auch mit Hanoi über territoriale Fragen. Wegen einer Ölplattform kam es gerade in Vietnam zu wüsten antichinesischen Ausschreitungen mit Toten und Verletzten.

Viele Nachbarn sehen mit wachsender Sorge Chinas forsche territoriale Anspruchshaltung. Schließlich ist die gemessen am Bruttoinlandsprodukt zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt auch militärisch hochgerüstet. Der Verteidigungsetat steigt seit geraumer Zeit Jahr für Jahr kräftig. Der aktuelle Haushalt sieht Ausgaben von umgerechnet etwa 95 Milliarden Euro vor. Das ist zwar noch immer deutlich weniger als der US-amerikanische Etat von rund 400 Milliarden Euro, doch gut zwölf Prozent mehr als im Vorjahr und das weltweit zweitgrößte Budget. Das zusätzliche Geld soll vor allem in die Küsten- und Luftabwehr sowie in die Entwicklung von hochtechnologischen Waffen investiert werden.

Ob die CICA die von Peking erhoffte Rolle allerdings ausfüllen kann, ist offen bis zweifelhaft. Zu unterschiedlich scheinen die außenpolitischen Interessen wichtiger Mitgliedsländer. Ägypten, Israel, Iran, der NATO-Staat Türkei, Indien mit seinen eigenen regionalpolitischen Ambitionen - das geht geostrategisch kaum zusammen. Selbst Japan, dessen Rechtsregierung die pazifistische Verfassung des Landes aushebeln will, und die USA - Chinas große Gegenspieler im asiatisch-pazifischen Raum - haben inzwischen Beobachterstatus. Wie Xi in Shanghai warnte, gefährde die Stärkung militärischer Allianzen gegen Drittstaaten die Sicherheit nur, anstatt sie zu erhöhen - und zielte damit auf den demonstrativen Schulterschluss Tokios, Manilas und anderer mit Washington auf der jüngsten Asien-Reise von Präsident Barack Obama.

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