Ein bisschen sauer

Bisherige Vergabeverfahren am BER sollen geprüft werden / Grüne fordern Mehdorns Abschied

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach dem »Sprint«-Programm für einen baldigen Start des BER setzt Hartmut Mehdorn nun eine Taskforce ein, die nach dem Korruptionsvorwurf die Scherben zusammenkehren soll.

Kritiken und Vorwürfe, der Korruptionsverdacht und die Suspendierung des Technikchefs Jochen Großmann werfe den Zeitplan des BER zurück, wies Flughafenchef Hartmut Mehdorn zurück. Nach einer Sondersitzung des Aufsichtsrates am Montag kündigte er die Einsetzung einer Taskforce an, die sämtliche Vergabeverfahren überprüfen soll, mit denen Großmann betraut war. »Die Taskforce wird bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung am 30.06. die Sachverhalte klären und einen Zwischenbericht vorlegen, auf dessen Grundlage der Aufsichtsrat den Fall erörtern kann«, so Mehdorn. Ob externe Prüfer den BER die Vorgänge untersuchen sollen, wolle man erst auf der nächsten Gesellschafterversammlung entscheiden.

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt gegen den bisherigen Technikchef Jochen Großmann wegen des Verdachts, für die Vergabe eines Auftrags an ein Unternehmen 500 000 Euro von dem Bewerber verlangt zu haben. Laut Aufsichtsratchef Klaus Wowereit (SPD) zufolge haben sich die Vorwürfe inzwischen erhärtet. Gleichzeitig betonte er, gegen Korruption könne man sich nie hundertprozentig schützen.

Wowereit nahm Mehdorn in Schutz. Die Mechanismen in der Flughafengesellschaft hätten funktioniert, sagte er. Indirekt verteidigte er Mehdorn auch gegen Kritik aus dem Aufsichtsrat, dass die Kontrolleure erst zeitgleich mit der Presse informiert wurden. Es sei wichtig gewesen, dass es vor den Durchsuchungen bei Großmann keine Vorwarnung gab.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) forderte, ein externes Controlling zu Baufortschritt, Kosten und Terminen einzurichten. Externe Experten sollten dafür »direkt und ausschließlich« an die Eigentümer Bund, Berlin und Brandenburg berichten, sagte ein Ministeriumssprecher am Montag. Der Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums, Rainer Bomba (CDU), hatte zuvor gesagt, der Aufsichtsrat sei von der Korruptionsaffäre überrascht worden. »Herr Großmann hatte unser volles Vertrauen.« Alle seien nun »etwas sauer«.

Dagegen sieht der Vorsitzende des Flughafen-Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus, Martin Delius (Piraten), Mehdorn in der Mitverantwortung. Die Auftragsvergaben durch Großmann könnten nur mit Absolution durch Mehdorn erfolgt sein, sagte er am Montag im Inforadio des rbb. Es habe bereits in der Vergangenheit »pragmatische Lösungen« bei der Auftragsvergabe ohne Ausschreibungen gegeben.

Mittlerweile ist die Situation so verfahren, dass die Banken zögern, weitere Kredite zu geben, weil kein belastbares Finanzkonzept vorliegt. Spätestens hier sei der Punkt erreicht, an dem das Projekt gestoppt werden sollte. »Meiner Meinung nach muss man die Baustelle abwickeln oder zumindest das Projekt aus der Flughafengesellschaft herauslösen, um da Kostentransparenz herzustellen und die beiden anderen Flughäfen zu schützen«, so Delius im rbb.

Der haushaltspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, Sven-Christian Kindler, hatte bereits zuvor gefordert, die Entlassung von Mehdorn auf den Weg zu bringen.

Die Berliner Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus meldete für die Plenarsitzung am Donnerstag eine aktuelle Stunde zum Thema »Niederlage beim Volksentscheid - Korruptionsverdacht am BER - Wowereit-Senat in der Vertrauenskrise« an. »Wir erwarten, dass dem Parlament zügig berichtet wird, wie es am BER weitergeht«, sagte Fraktionschefin Ramona Pop. »Wird die Entrauchungsanlage weiter nach Großmanns Plänen umgebaut, oder nicht? Von dieser Frage hängen die Kosten und ein Eröffnungstermin ab - für beides gibt es bis heute keinen Plan von Geschäftsführung und Aufsichtsrat.« Weiterhin sollten der Regierende Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Wowereit sowie Flughafenchef Hartmut Mehdorn am Mittwoch im Hauptausschuss zu diesen Fragen Stellung beziehen. mit Agenturen

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