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Habersaathstraße: Räumungsklage abgewiesen

Vermieter muss Beheizung gewährleisten

Das ehemals leerstehende und seit einigen Jahren wiederbewohnte Haus in der Habersaathstraße in Berlin-Mitte.
Das ehemals leerstehende und seit einigen Jahren wiederbewohnte Haus in der Habersaathstraße in Berlin-Mitte.

Das Amtsgericht Mitte hat am Mittwoch eine Räumungsklage des Eigentümers Arcadia Estate gegen eine Mieterin in der Habersaathstraße 40–48 abgewiesen. Zugleich gab das Gericht der Widerklage der Mieterin statt und verpflichtete den Vermieter, eine vertragsgemäße Beheizung der Wohnungen zu gewährleisten. Das Urteil betrifft das ehemalige Schwesternwohnheim der Charité im Bezirk Mitte, in dem neben fünf Mieter*innen rund 200 weitere Bewohner*innen leben.

Vor vier Wochen hatte die Berliner Energie und Wärme (BEW) die Wärmelieferung eingestellt, nachdem der Vermieter die Verträge nicht verlängert hatte. Die Mieter*innen sollten ihre Wohnungen mit Ölradiatoren heizen. Nach Angaben der betroffenen Mieterin konnten so maximal 20 Grad Celsius erreicht werden – unterhalb des vertraglich vereinbarten Standards.

Sebastian Bartels, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, sieht in dem Urteil eine Chance für den Bezirk: »Das heutige Urteil verschafft dem Bezirk eine gewisse Rechtssicherheit, das Treuhändermodell nach dem Wohnaufsichtsgesetz nun zügig umzusetzen.« Angesichts der Zustände im Haus war immer wieder die Forderung laut geworden, dass der Bezirk das Haus treuhänderisch verwalten solle. Der Treuhänder müsse dafür sorgen, dass vertragsgemäße Wohnzustände wiederhergestellt werden – insbesondere für die ukrainischen Geflüchteten und ehemals Obdachlosen, die seit Jahren unter den Repressalien des Vermieters litten, so Bartels. Der Richter sagte zum Anwalt der Eigentümerseite: »Es lag wohl eine Fehlkalkulation vor. Sie hatten Kenntnis vom Zustand des Objekts«, und bezog sich damit auf Modernisierungsmaßnahmen, die nicht ausreichend geprüft worden waren.

Stattdessen entschied sich die Eigentümerin für den Abriss und den Neubau von Luxuswohnungen. Der Eigentümer habe jedoch keinen Anspruch auf maximale Rendite, so der Richter. Die Gegenseite argumentierte, man habe mit zu vielen Härtefallanträgen gerechnet.

Vor und im Gerichtssaal waren zahlreiche solidarische Mieter*innen anwesend, teilt der Berliner Mieterverein mit. Nach Verkündung des Urteils reagierten die Anwesenden mit Applaus. Bereits am Donnerstag wird die nächste Räumungsklage gegen einen weiteren Mieter verhandelt; weitere Verfahren folgen am Freitag sowie im Januar.

»Es ist infam, den vertragsgemäßen Zustand nicht wiederherzustellen«, kommentierte Bartels. »Das Urteil sendet ein deutliches Signal an Eigentümer*innen, dass ihre Pflichten ernstgenommen werden«, so der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins.

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