Grundrecht auf Netzneutralität

Bundestagsausschuss befasste sich mit den Gefahren für eine gleichberechtigte Datenübertragung im Internet

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Wie »neutral« kann das Internet bei der Weiterleitung von Daten sein? Der Bundestagsausschuss für »Digitale Agenda« suchte am Montag nach Antworten.

Noch ist das Netz neutral. Zumindest theoretisch leiten die Telekommunikations- und Kabelfirmen alle Daten in gleicher Geschwindigkeit durch die Leitungen oder den Äther. Doch die Provider suchen nach neuen Ertragsmöglichkeiten. Sie wollen dafür sorgen, dass die Daten solventer Kunden schneller oder in besserer Qualität zum Endverbraucher kommen. Diese »Spezialdienste« sollen gegen eine Zusatzgebühr nutzbar sein. Jene Anbieter, die über die nötigen Barmittel verfügen, wären also klar im Vorteil.

Kritiker wie Thomas Lohninger vom Verein Digitale Gesellschaft warnen, so könnte ein »Zwei-Klassen-Netz« entstehen. Genährt wurden die Befürchtungen durch einen Vorstoß der EU-Kommission, die 2013 einen Entwurf präsentierte, der solche schnelleren, aber kostenintensiven Spezialdienste zugelassen hätte. Zwar entschärfte das EU-Parlament im April 2014 die entsprechenden Passagen, aber die Sache ist noch nicht ausgestanden.

Auch deshalb befasste sich der Bundestagsausschuss »Digitale Agenda« am Montag in einem öffentlichen Fachgespräch mit dem Thema und hatte dazu fünf Experten geladen. Christoph Fiedler vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger wies darauf hin, dass 40 Prozent der Leser der auflagenstärksten deutschen Zeitungen diese ausschließlich im Netz lesen würden. Für seine Branche sei die »Netzneutralität ein Segen«. Zwar zahlten die großen Plattformen schon heute mehr, weil sie einfach mehr Artikel und Filme, sprich Daten, einspeisten. Trotzdem könne man als Konsument davon ausgehen, dass ein Video auch bei kleinen Anbietern »in ähnlicher Qualität« abgerufen werden könne, wie bei den großen.

Thomas Lohninger stellte klar, dass der Zugang zu digitaler Infrastruktur unerlässlich sei »für gesellschaftliche Teilhabe« und somit einem Grundrecht gleichkäme. Jede Einschränkung dieses Zugangs sei eine Verletzung des Grundrechts, so Lohninger.

Der Rostocker Kommunikationsrechtler Hubertus Gersdorf hingegen hält die Spezialdienste für »unverzichtbar«. Nur so könne eine »Chancengleichheit« zwischen den neuen Medienanbietern und den tradierten Rundfunkanstalten hergestellt werden. Auf die Nachfrage von Ausschussmitglied Halina Wawzyniak (LINKE), ob denn der Rest des Netzes so nicht zur »Resterampe verkomme«, reagierte der Jurist pikiert.

Klaus Landefeld vom Verband der Deutschen Internetwirtschaft verwies auf das Beispiel Chile, wo die »absolute Neutralität« gesetzlich festgeschrieben wurde. So ist es Providern nun untersagt, den Zugang zu Diensten wie Facebook nicht auf das Datenlimit anzurechnen. Nicht nur die Diskriminierung, sondern auch die Bevorzugung bestimmter Anbieter verletzt eben die Neutralität. Auch die Deutsche Telekom verstößt gegen das Gebot, weil ihre Kunden den Musikdienst Spotify dazubuchen können, ohne dass die anfallenden Daten zum Verbrauch hinzugezählt werden. Der Staatskonzern kann das machen, weil es bislang kein Gesetz gibt, dass die Netzneutralität schützt.

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