Durchbruch in der Nanotechnologie

Chemiker haben erstmals nachgewiesen, dass auch Bor Hohlkäfige aus 40 Atomen bilden kann. Diese sind ähnlich aufgebaut wie die Kohlenstoff-Fullerene, die 1996 für einen Nobelpreis gut waren

  • Elke Bunge
  • Lesedauer: 3 Min.

In der »Guangming Daily«, einer führenden chinesischen Tageszeitung, wird die Neuentdeckung des Hohlkäfigs aus Boratomen mit der Form der klassischen chinesischen Laterne verglichen. Die traditionelle rote Laterne hat die Form eines leicht von oben und unten gestauchten Balles. Genau so sieht auch der von chinesischen und US-amerikanischen Forschern gemeinsam entdeckte »Borball« aus. Vierzig Atome aus Bor bilden einen ovalen Käfig und sind der Stolz der Wissenschaftler von der Brown Universität in Rhode Island, der Shanxi-Universität in Taiyuan, der Tsinghua-Universität in Peking und der Fudan-Universität in Shanghai.

Solch eine Käfigstruktur wurde erstmals 1985 aus Kohlenstoffatomen hergestellt. Damals bestand der Kohlenstoffball aus 60 Atomen und wurde mit der Form eines Fußballs verglichen. Hielt man die Untersuchung dieser sogenannten »Buckyballs« damals zunächst für reine Forschung im Elfenbeinturm, so revolutionierten sie wenig später die Nanotechnologie.

Seitdem stellt sich in der Welt der Wissenschaft die Frage, ob auch andere Atome einen solchen Hohlkäfig bilden können. Dabei lag das Augenmerk der Forscherwelt auf dem Element Bor, das im Periodensystem der Elemente direkt links neben dem Kohlenstoff steht. Allerdings trägt das Bor ein Elektron weniger in seiner Außenschale und könnte damit keine »Fußbälle«, bestehend aus 60 Atomen, bilden. Forscher der Universität Houston prognostizierten im Jahr 1997, dass ein Borball aus 80 Atomen zu einer möglichen stabilen Verbindung führen könnte. Aus den prognostizierten 80 Atomen wurden jetzt, sieben Jahre später, von einem Team um Lai-Sheng Wang von der Brown University experimentell nachgewiesene 40 Atome.

Für ihre Untersuchungen verdampften die Wissenschaftler Bor mithilfe eines Lasers und erzeugten so verschieden große Borcluster. Mithilfe der sogenannten Photoelektronen-Spektroskopie analysierten sie speziell die 40er Haufen. Dabei konnten sie einen abgeflachten kugelförmigen Käfig aus Boratomen nachweisen. »Dies ist das erste Mal, dass ein solcher Borkäfig experimentell beobachtet worden ist«, sagt Seniorautor Lai-Sheng Wang zu den im Fachblatt »Nature Chemistry« (DOI: 10.1038/nchem.1999) vorgestellten Molekülen. »Die Ersten zu sein, die diese Anordnung sehen, ist eine wirklich große Sache.«

Damit war die rote Laterne aus dem Labor geboren. Dabei lagert sich das Bor für seine Laternenform zu 48 Dreiecken zusammen, verbunden über vier siebenseitige und zwei sechsseitige Ringe.

»Die Beobachtung des ersten komplett aus Bor bestehenden Fullerens bereichert die Chemie und könnte zu neuen, bor-basierten Materialen führen«, konstatieren die Forscher. Wurde die Entdeckung des »Kohlenstofffußballs« zunächst als wissenschaftliche Spielerei abgetan, ist heute die Industrie hoch interessiert. Zu den Bällen kam die Entdeckung der Nanoröhrchen aus Kohlenstoff im Jahre 1991. 1996 erhielten die Entdecker der Bälle in Fußballform den Nobelpreis für Chemie.

Heute werden diese Nanoröhren als Kandidaten für Transistoren, Speichertechnologien, Displays und in der Messtechnik untersucht oder bereits verwendet. Das Bor ist dagegen ein ganz anderes Element als der Kohlenstoff und so denkt man hier auch an andere Einsatzmöglichkeiten. Vorstellbar wäre die Nutzung der Nano-Hohlkugeln aus Boratomen zum Speichern von Wasserstoff. Die Bor-Hohlkörper müssten sich besonders gut mit diesem Gas verbinden und könnten dieses sicher einschließen. »Es wäre wundervoll, wenn es sich als nützlich herausstellen würde«, sagt Wang und hofft, dass diese Entdeckung eine neue Welle der Forschung und vielleicht auch der Innovationen auslösen wird.

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