Frankreichs Küche will Ruf aufbessern

Gesetz führt Label »Im eigenen Haus zubereitet« ein

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Um den Niedergang der einst weltberühmten französischen Gastronomie aufzuhalten, müssen die Restaurants nun auf der Karte ausweisen, ob ihre Gerichte in der eigenen Küche zubereitet wurden.

Ist die französische Küche schlechter als ihr Ruf? Das muss man angesichts übereinstimmender Untersuchungen von Medien und Verbraucherschützern befürchten, aus denen hervorgeht, dass sich 80 Prozent der Restaurants darauf beschränken, industriell hergestellte Fertiggerichte zu servieren, als wären es selbst gekochte.

Das aufwendige Zubereiten raffinierter Speisen aus erstklassigen Zutaten, für das französische Köche über Jahrzehnte im In- und Ausland gerühmt wurden, leisten sich offenbar nur noch die durch die Sterne des Michelin-Gastronomieführers »geadelten« Feinschmecker-Lokale oder einige wenige Köche, die ihre Berufsehre über alles andere stellen. Bei denen muss man allerdings auch sehr tief in die Brieftasche greifen.

Das bedeutet nicht, dass Essen bei anderen Restaurants preisgünstig ist. Die rechtfertigen den Rückgriff auf Fertiggerichte und trotzdem relativ hohe Preise mit steigenden Kosten für Miete, Energie und Löhne. »Da haben wir nicht auch noch Personal und Zeit, um Massen an Zutaten einzukaufen und vorzubereiten und eine Vielzahl verschiedener Gerichte langwierig zuzubereiten«, meint Koch Franck Ansellme vom Pariser »Chez Renaud«. Auch muss man natürlich qualifizierten Köchen höhere Löhne zahlen als Kochgehilfen, die nur das Aufwärmen beherrschen müssen und bestenfalls das Dekorieren, um die Spuren zu verwischen. Die meisten Gäste merken gar nicht, dass ihnen Fertigkost vorgesetzt wird, weil sie das fachlich nicht beurteilen können und die Qualität der industriell hergestellten und dann tiefgefrorenen Speisen heute zumeist ausgezeichnet ist. Diejenigen, die auf den unterschwelligen Betrug der Verbraucher aufmerksam gemacht haben, hatten auch weniger Bedenken hinsichtlich der Güte der Speisen, sondern sie sorgten sich um den Ruf der französischen Gastronomie und wollten wieder gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen »echten« Köchen und »Aufwärmern« herstellen.

Nach Gesprächen mit Vertretern der Branche, die das Vorhaben ausbremsen wollten, wurde im Juli im Parlament ein Gesetz verabschiedet und umgehend per Dekret in Kraft gesetzt, das alle Restaurants, aber auch Traiteure und Schnellimbiss-Filialen verpflichtet, auf ihrer Karte klar und deutlich auszuweisen, welche der angebotenen Gerichte in der eigenen Küche zubereitet wurden. Wo das fehlt, weiß künftig jeder Bescheid über die industrielle Herkunft.

Restaurants, die selbst kochen, dürfen das schmucke Logo »fait maison« (Im eigenen Haus zubereitet) am Eingang anbringen, das aus einer stilisierten Pfanne und einem Dach mit Schornstein besteht. Bedingung ist, dass die Zutaten erst in der eigenen Küche gekocht, gegart oder gebraten wurden. Dabei müssen sie nicht unbedingt frisch gewesen sein, man kann auch tiefgefrorenes Fleisch oder Fisch verwenden. Erlaubt ist auch Gemüse, das schon geputzt, geschält und geschnitten war und vakuumverpackt oder gefroren angeliefert wurde - Zugeständnisse, die die Lobby der Gastronomiebranche durchgesetzt hat, um den teuren Arbeitsaufwand in der Küche in Grenzen zu halten. Diese Inkonsequenz ist auf Kritik bei Köchen und Gästen gestoßen, die sich mehr vom Gesetz erhofft hatten. Die sozialistische Abgeordnete Pascale Got, eine der Initiatoren des Gesetzes, bedauert, dass ihr wichtigster Vorschlag keine Mehrheit fand: Etablissements, die Speisen nicht in der eigenen Küche zubereiten, die Bezeichnung Restaurant abzuerkennen.

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