»Man muss die Sache nur richtig angehen«

Klaus Böger, Präsident des Landessportbundes Berlin, fordert einen rechtlichen Rahmen für eine Olympia-Bürgerbefragung, deren Ergebnis dann verbindlich sein soll

  • Lesedauer: 3 Min.
Klaus Böger ist seit 2009 Präsident des Landessportbundes Berlin. Der SPD-Politiker, der in Berlin von 1999 bis 2006 Senator für Bildung, Jugend und Sport war, glaubt, dass Olympia gesellschaftliche Energien freisetzen kann, die sonst im Alltag brachliegen. Im Gespräch mit nd-Redakteur Jirka Grahl verlangt er eine rasche Entscheidung des Deutschen Olympischen Sportbundes für eine der Städte.

nd: Berlin will sich für Olympische und Paralympische Spiele 2024 oder 2028 bewerben. Was soll daran gut sein für die Stadt?
Böger: Olympia ist das weltweit größte Sportereignis, eine Stadt kann sich dabei wunderbar präsentieren und auf dieses Fest konzentrieren. Und das Wichtigste ist, dass es dem Sport in allen seinen Dimensionen Gelegenheit gibt, sich fortzuentwickeln: in der Breite und in der Spitze.

Was spricht gegen Olympische Spiele in Berlin?
Das Problem der Olympischen Spiele in den letzten Jahren ist, dass das IOC zunehmend Mühe hat, die eigenen hervorragenden Ziele deutlich zu machen - in der Wahl ihrer Orte und in der konkreten Ausführung. Aber auch das IOC hat erkannt, dass das Motto »Schneller, höher, weiter!« nicht automatisch für Olympia gilt: immer mehr, immer mehr. Weil dann bei zu viel Kommerz die Gefahr besteht, dass die Idee der Spiele in Vergessenheit gerät.

Die Berliner Bewerber wollen sich als Gegenmodell profilieren ...
DOSB-Präsident Alfons Hörmann hat kürzlich gesagt, es gehe darum, dass sich die Olympischen Spiele einer Stadt und ihren Möglichkeiten anpassen und nicht umgekehrt. IOC-Präsident Thomas Bach sagte, es komme darauf an, bei den Spielen den sozialen und gesellschaftlichen Kontext vor Ort zu beachten. Alles richtige Signale. Nun muss sich das auch im IOC-Reformwerk durchsetzen.

Hamburgs Bewerbung entspricht dem geltenden IOC-Credo: Alles für die Sportler, kurze Wege, kompakte Spiele, perfekte Sportstätten. Wer von den beiden deutschen Bewerbern hat die besseren Chancen?
Ich werde nie etwas Schlechtes über Hamburg sagen. Das ist eine großartige Stadt und das Konzept ist in der Tat so, dass ein komplett neuer Stadtteil entwickelt werden soll. Berlin hat als die deutsche Hauptstadt viel Erfahrung mit sportlichen Großereignissen. Hier gibt es im Prinzip schon die gesamte Infrastruktur, von den Hotels bis hin zum Nahverkehr.

Zuletzt sagten die Münchener Nein zu Olympia. Sollte Berlin versuchen, die Bürger Berlins schon vor einer möglichen Abstimmung ins Konzept einzubinden?
Seit Montag liegt nun erst einmal die Interessenbekundung vor. Die dient dazu, ein Gespräch in der Stadt zu entwickeln. Zeitgleich muss sich der DOSB bis Dezember entscheiden: Will er die Spiele, wann und mit wem? Einen Städtewettkampf haben weder Hamburg noch Berlin verdient. Wenn der DOSB Berlin für 2024 oder 2028 will, müssen Senat und Abgeordnetenhaus einen rechtlichen Rahmen schaffen, in dem eine Befragung der Berliner möglich ist. Und diese Befragung sollte dann verbindlich sein.

Die Diskussion hat bereits begonnen.
Noch nicht richtig. Es gibt die üblichen Verdächtigen: NOlympia - jene, die sagen, die Investitionen müssen in die Stadt gehen, in Schulen, in Sportplätze. Die muss man ernst nehmen, natürlich. Das ist ja der Kern von Politik - wer bekommt was, wann, warum, wieso? Ich will auch, dass die Schulen in einem vernünftigen Zustand sind - ich habe als Senator durchaus mitgelitten. Ich sehe nur gar nicht die Diskrepanz. Beispiel: Aus der gescheiterten Bewerbung für 2000 stammt die Max-Schmeling-Halle: Spitzensport, Landesleistungszentrum Turnen und neun Doppel-Schulturnhallen, in denen Alba Berlin und zig Vereine trainieren. Ja Sportlerherz, was willst du mehr?

Vielleicht besser keine Großprojekte mehr in Berlin?
Der Großflughafen ist ohne Frage unser Menetekel. Was soll ich den jetzt verteidigen? Das kann aber doch nicht heißen, dass die deutsche Gesellschaft, unsere Ingenieure, Techniker und Manager, nicht Großprojekte meistern können. Kleiner Hinweis: Das Projekt London 2012 ist gesteuert worden von wem? Einem deutschen Ingenieur. Man muss die Sache nur richtig angehen.

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