Keine Frage der Wasserrutschenlänge

Die LINKE will eine stärkere Beachtung der Kommunen bei Länderfinanzausgleich

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Auf den Bundesländern lastet ein Schuldenberg von 618 Milliarden Euro. Ein gemeinsamer Altschuldenfonds soll ihnen nach Sicht der LINKEN bei der Zinslast helfen.

Bremen, erzählt Kristina Vogt, wird auch das Griechenland an der Weser genannt. Denn mit über 30 000 Euro weist der Stadtstaat eine höhere Pro-Kopf-Verschuldung als das Mittelmeerland auf, und jährlich kommen rund 700 Millionen Euro neue Schulden hinzu. Dabei versucht das Bundesland, an allen und Ecken und Enden zu sparen. »Doch mittlerweile ist auch der Regierung klar, dass die Zitrone nicht weiter ausgequetscht werden kann«, stellt Vogt, die die LINKE-Fraktionsvorsitzende in der Bremer Bürgerschaft ist, weiter fest.

Die Lage des Bundeslandes könnte sich ab dem Jahr 2019 noch mal verschlechtern. Denn bis dahin muss der Länderfinanzausgleich neu geregelt werden, und Länder wie Bayern und Hessen wollen ihn auf ein Minimum herunterfahren. Unter dem Motto »Länderfinanzausgleich LINKS gedacht: sozial und solidarisch« lud deswegen die Linksfraktion am Samstag zu einem Fachgespräch in den Bundestag ein. Anwesend waren auch Vertreter der Zivilgewerkschaft wie die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Paritätische Wohlfahrtsverband, bei denen die Vorstellungen der LINKEN größtenteils auf Zustimmungen trafen.

Eine Sache stand für die Partei dabei nicht zur Disposition: Der Solidaritätszuschlag, der in seiner jetzigen Form ebenfalls 2019 ausläuft, und dessen Abschaffung Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits ins Spiel gebracht hat. Stattdessen will die LINKE den Soli im Rahmen eines »Solidarpakt III« künftig benutzen, »um wirtschaftsschwache Regionen in Ost und West sowie Süd und Nord mit Infrastruktur- und weiteren Fördermitteln« zu unterstützen. Zudem sollen die Länder und Kommunen durch einen gemeinsamen Altschuldenfonds von ihren Zinszahlungen entlastet werden. Diese Zahlungen könnten dann von einer neu zu erhebenden Vermögenssteuer bezahlt werden. Schließlich, erklärt die Bremer Landespolitikerin Vogt, würden etwa ihrem Bundesland mehr Einnahmen ohne eine Befreiung von der Zinslast »einfach nicht viel bringen«.

Der LINKEN geht es bei dem Thema jedoch nicht nur um die Finanzen der Länder. »Es ist ganz zentral, in welchem Umfang die Kommunen berücksichtigt werden«, sagt der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Axel Troost. Denn arme und reiche Kommunen driften immer weiter auseinander. Der Grund ist, dass schwache Kommunen mit hoher Arbeitslosigkeit besonders viele Mittel für Sozialleistungen aufwenden müssen, während reiche Kommunen das nicht müssen und sich gleichzeitig über sprudelnde Steuereinnahmen freuen können.

Die meisten armen Gemeinden sparen deshalb rigide an freiwilligen Leistungen wie Theatern und Schwimmbädern. So erzählt Bernhard Sander, LINKE-Stadtverordneter aus Wuppertal, dass sich die Diskussionen in seiner Stadt längst nicht mehr um Themen wie die Länge von Wasserrutschen in Freibädern drehten. »Denn bei zwei Freibädern für 340 000 Einwohnern gibt es bei uns praktisch keine Freibäder«, so Sander, dessen Stadt 94 Prozent ihrer Mittel für sogenannte Pflichtausgaben aufwenden muss.

Die Einberechnung der kommunalen Steuereinnahmen von derzeit 64 Prozent in den Länderfinanzausgleich reicht deshalb nach Ansicht der LINKEN nicht aus. Sie fordert die komplette Anrechnung und eine »aufgabengerechte Finanzausstattung« von Ländern und Kommunen. In einer Sache ist man sich jedoch noch nicht ganz einig: Zwar soll der Bund stärker bei der Finanzierung von Pflichtleistungen herangezogen werden. Doch wie weit das gehen soll, da scheiden sich die Geister. Denn mehr Geld vom Bund kann auch schnell mehr Macht für den Bund bedeuten.

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