Sieg über Snowden und Dotcom

Konservativer John Key bleibt Chef in Neuseeland trotz Vorwürfen der Schnüffelei

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Wahlkampf war skandalträchtig, das Wahlergebnis blieb dennoch das alte: In Neuseeland konnte sich der konservative John Key souverän durchsetzen.

Der 53-jährige John Key konnte Samstagabend strahlen. Skandale, der Rücktritt einer Ministerin und schwere Anschuldigungen von Edward Snowden in den Tagen und Wochen vor der neuseeländischen Wahl konnten dem Konservativen nichts anhaben. Er stieg am Samstag wie Phönix aus der Asche. Seine National Party konnte 48 Prozent der Stimmen und damit etwa 61 der 121 Sitze im Parlament verbuchen. Key geht in seine dritte Amtsperiode.

Sein Gegenspieler, der Sozialdemokrat David Cunliffe, konnte dem souveränen Key wenig entgegensetzen. Seine Labour Party brachte es gerade einmal auf rund ein Viertel der Stimmen. Key, der seit 2008 an der Regierung ist, ist bei seinen viereinhalb Millionen Landsleuten beliebt, er präsentiert sich gern als volksnah und jovial. So spricht er von seiner National Party oft als »Team Key«.

Der ehemalige Banker hat Neuseeland wirtschaftlich vorangebracht und hohe Wachstumsraten präsentiert. Das scheint das Volk ihm zu danken und deswegen über sämtliche Skandale hinwegzusehen, die den Wahlkampf bestimmten.

Kräftig am Saubermannimage des neuseeländischen Politikers hatte Kim Dotcom gekratzt. Der millionenschwere Internetunternehmer, der sich in seiner Jugend schon mit Helmut Kohl angelegt und dessen Daten gehackt hatte, nahm auch den neuseeländischen Regierungschef aufs Korn. Seit der exzentrische Deutsche in Neuseeland residiert, befehdeten er und Key sich, vor allem nach dem Sturm von Dotcoms Anwesen in Auckland durch die Polizei. Denn seit diesem Tag im Januar 2012 sitzt Dotcom in Neuseeland fest: Die USA haben einen Auslieferungsantrag gegen den Deutschen wegen der Verbreitung von Raubkopien laufen.

Doch es ist nicht Dotcoms Art, still und leise zu warten. Vielmehr haute der beleibte Millionär kräftig auf die Pauke und gründete eine eigene Partei, mit der er ins Parlament einziehen und Key aus der Regierung schmeißen wollte. Noch am Montag vor der Wahl hatte Dotcom ein großes Spektakel im Rathaus von Auckland veranstaltet. Dazu waren Wikileaks-Gründer Julian Assange aus der ecuadorianischen Botschaft in London und Edward Snowden aus Russland geschaltet.

Dieser Moment der Wahrheit sollte den Neuseeländern die Augen über ihre Regierung und vor allem ihren Premierminister Key öffnen, der laut Snowden sein Volk belogen und die Neuseeländer ausspioniert habe. Key widersprach den Vorwürfen schon vorab und gab bekannt, dass der neuseeländische Geheimdienst Government Communications Security Bureau (GCSB) nur Operationen zum Schutz von Privatpersonen und Firmen in Neuseeland unterhalte.

Snowden dagegen behauptete, dass er als früherer Angestellter des amerikanischen Geheimdienstes NSA routinemäßig mit der Kommunikation von Neuseeländern zu tun gehabt habe, darunter auch völlig normale, private E-Mails und Textnachrichten. »Wenn man in Neuseeland lebt, wird man überwacht«, schrieb Snowden auf der Internetseite The Intercept. Dies war nicht der einzige Skandal, der die National Party erschütterte. Zuvor hatte der Enthüllungsjournalist Nicky Hager mit seinem auf gehackten E-Mails beruhenden Buch Dirty Politics die Partei Keys mit den Hetzkampagnen eines Bloggers in Verbindung gebracht. Eine Ministerin musste ihren Rücktritt erklären.

Doch so turbulent der Wahlkampf war, an Keys Wahlerfolg konnten die Skandale und Anschuldigungen nicht rütteln. Er regiert weiter, während Dotcoms Partei die Fünf-Prozent-Hürde nicht überwinden konnte.

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