Sind unsere Ansprüche verjährt?

Leserfrage zu Folgen des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes (SachenRBerG)

  • Lesedauer: 5 Min.

Wir haben seit 1971 einen Überlassungsvertrag über ein Grundstück, das wir 1975 mit einem Eigenheim bebaut haben. Obwohl wir die Voraussetzungen nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) erfüllt haben, waren wir erst 2011 in der Lage, einen Anspruch auf Ankauf zu stellen. Der gesetzliche Vertreter des nicht ermittelten Eigentümers lehnte am 8. Dezember 2011 den Ankauf nach SachenRBerG ab und begründete das ein viertel Jahr nach unserer Antragstellung damit, dass unsere Ansprüche verjährt seien. Trifft das zu und wie ist unsere rechtliche Situation?
Charlotte und Jürgen Lampe

Die Verjährungsregelungen sind allgemein geregelt, und es wird nicht bei jedem Anspruch gesagt, wann er verjährt. Deshalb kann aus dem Fehlen einer Verjährungsregelung für die Sachenrechtsbereinigungsansprüche in SachenRBerG nicht geschlussfolgert werden, dass diese unverjährbar sind.

Die überwiegende Meinung geht dahin, dass darauf § 196 BGB jedenfalls analog anzuwenden ist. Das bedeutet, dass die 10-jährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2002, dem Tag des Inkrafttretens einer geänderten Verjährungsregelung, begonnen und demzufolge am 31. Dezember 2011 geendet hat. Soweit ersichtlich, beruhen seither ergangene Entscheidungen auf dieser Grundlage.

Wenn das Bestehen von Sachenrechtsbereinigungsansprüchen oder ihr Umfang unklar war oder die Vertragsverhandlungen aus sonstigen Gründen nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnten, sind, gegebenenfalls auch zeitlich befristete, Abreden über den Verzicht auf die Einrede der Verjährung getroffen worden. Die Einrede greift ohnehin nur dann, wenn sich der Gegner auf sie beruft. Außerdem wird die Verjährungsfrist durch Rechtsverfolgung gehemmt (§ 294 BGB), das heißt, läuft während des Hemmungszeitraums nicht weiter (§ 209 BGB). Sie wird aber auch durch Verhandlungen gehemmt (§ 203 BGB).

Eine soweit erkennbar bisher allein gebliebene Meinung in der Literatur besagt allerdings, dass die Verjährungsfrist erst beginnt, wenn das Wahlrecht zwischen Bestellung eines Erbbaurechts und Ankauf des Grundstücks (§ 15 Abs. 1 SachenRBerG) gemäß § 16 SachenRBerG ausgeübt worden ist (Robbert in »Neue Justiz« 2013, S. 143 ff.). Es scheint jedoch sehr risikovoll zu sein, gestützt auf diese Auffassung einen Sachenrechtsbereinigungsanspruch einzuklagen, zumal Gegenstandswert der ungeteilte Grundstückswert ist und ein Prozess deshalb recht teuer werden dürfte, zumal wenn er - wie im Fall zu erwarten - über mehrere Instanzen geführt wird.

Wie kann man sich verhalten, wenn man dieses Risiko nicht eingehen will und die rechtzeitige Geltendmachung eines Sachenrechtsbereinigungsanspruches verpasst hat?

Selbstverständlich kann in diesen Fällen ein Ankauf des Grundstücks außerhalb des SachenRBerG versucht werden. Dabei lassen sich eventuell günstigere Bedingungen als üblich erzielen, weil das Grundstück, wie sogleich zu zeigen sein wird, mit Ansprüchen nach dem Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchuldRAnpG) belastet ist.

Dieses Gesetz enthält ein Kapitel (§§ 34 ff.) über Überlassungsverträge, darunter auch speziell zu Wohnzwecken. Die Regelung geht offensichtlich davon aus, dass ein Überlassungsvertrag über ein Wohngrundstück, insbesondere Einfamilienhaus, abgeschlossen worden ist. Das war in der Tat der typische Fall. Bei Ihnen liegt anscheinend der Ausnahmefall vor, dass Sie den Überlassungsvertrag lediglich über Grund und Boden geschlossen haben, mit dem Ziel, darauf ein Einfamilienhaus zu errichten, was Sie dann auch getan haben.

Darüber, wie in diesem Fall die Vorschriften des SchuldRAnpG über Überlassungsverträge zu Wohnzwecken anzuwenden sind, gibt es nach meinen Recherchen keine Entscheidungen. Nach meinem Dafürhalten sind diese Regelungen zumindest analog anzuwenden. Das bedeutet die Anwendung der Bestimmungen des BGB über Wohnraummietverhältnisse mit dem entsprechenden Mieterschutz (§ 34 SchuldRAnpG). Von Ihnen kann also die Zahlung einer Miete verlangt werden, allerdings nur für den Grund und Boden, denn das Gebäude haben Sie selbst errichtet. Die Vorschrift des § 35 Abs. 2 SchuldRAnpG, die davon ausgeht, dass der Überlassungsvertrag auch ein Wohngebäude erfasst, ist für Sie also gegenstandslos.

Wenn Sie bisher, was die Regel war, zur Übernahme der auf dem Grundstück ruhenden öffentlichen Lasten verpflichtet waren, sind Sie von dieser Verpflichtung freizustellen, wenn von Ihnen Miete verlangt wird. Es kann die ortsübliche Grundstücksmiete verlangt werden.

Die Kündigungsschutzvorschriften des § 23 SchuldRAnpG kommen meines Erachtens hier nicht zum Zuge. Sie bewirken ohnehin in keinem Fall eine automatische Beendigung der bestehenden Nutzungsverträge, wie vielfach angenommen wird.

Auch die gegenwärtig im Gesetzgebungsverfahren befindliche eventuelle Verlängerung der Kündigungsschutzfristen berührt Sie deshalb nicht. Für Sie kommen also die Kündigungsvorschriften für Wohnraummietverträge gemäß §§ 568 ff. BGB zum Zuge. Das bedeutet insbesondere, dass der Vermieter nur kündigen kann, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, wie insbesondere Eigenbedarf (§ 573 BGB). Außerdem gibt es bei schweren Pflichtverletzungen des einen oder anderen Partners die Möglichkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 569 und 543 BGB). Sie trifft den Mieter vor allem im Fall von Mietrückständen.

Wenn der Vermieter berechtigt ordentlich kündigt, entsteht die Frage, was wird mit den aufstehenden Gebäuden?

Meines Erachtens kommt hier in analoger Anwendung des § 12 SchuldRAnpG eine Entschädigung nach dem Zeitwert des Bauwerks in Betracht. Da in diesem Fall keine Kündigungsschutzfrist besteht, dürfte dieser Anspruch unbefristet sein.

Bei Beendigung des Mietverhältnisses verjährt er spätestens innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB, die mit dem Schluss des Jahres, in dem die Rückgabe des Grundstücks erfolgt ist, beginnt. Vorsichtshalber sollte man jedoch die Sechsmonatsfrist ab Beendigung des Mietvertrages des § 548 Abs. 2 BGB einhalten.

Gerichtlich entschieden sind diese Fragen der analogen Anwendung des SchuldRAnpG, soweit erkennbar, bisher nicht, so dass keine zuverlässigen Aussagen getroffen werden können.

Aufmerksam gemacht werden soll noch auf die Regelung des § 24 SchuldRAnpG, der den Fall regelt, dass der Nutzer in einem zum dauernden Wohnen geeigneten Wochenendhaus wohnt. Hierfür gelten besondere Kündigungsregeln. Sie sind jedoch in einer günstigeren Lage, weil Sie über einen Überlassungsvertrag verfügen, der, wie ich annehme, zur Errichtung eines Wohnhauses berechtigt hat.

Prof. Dr. Dietrich Maskow, Rechtsanwalt, Berlin

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