Rot-Rot-Grün: Soziale Energiewende ist greifbar

In vier Sondierungsrunden haben LINKE, SPD und Grüne in Thüringen in zahlreichen Punkten Einigkeit hergestellt

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Thüringen soll ab 2040 zu 100 Prozent mit Erneuerbaren versorgt werden. Darauf haben sich Linkspartei, SPD und Grüne bei ihrem letzten Treffen verständigt.

Berlin. Die DDR-Unrechtsdebatte überdeckt, dass Linkspartei, SPD und Grüne in Thüringen in zahlreichen Punkten bereits Einigkeit hergestellt haben. Zuletzt verständigten sich die möglichen Koalitionspartner über umwelt- und energiepolitische Fragen. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien seien Windräder im Wald kein Tabu, hießt es. Insgesamt soll nach den Vorstellungen der drei Parteien ein Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen reserviert werden, sagte der Landesvorsitzende der Grünen, Dieter Lauinger, am Donnerstag nach der vierten Sondierungsrunde in Erfurt. Ziel sei, dass sich Thüringen möglichst ab dem Jahr 2040 zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorge. Große Übereinstimmung gebe es auch beim Umwelt- und Naturschutz. Die Landesvorsitzende der LINKEN, Susanne Hennig-Wellsow, sagte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, »die soziale, demokratische und ökologische Energiewende für Thüringen ist seit heute greifbar«. Zuvor hatte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Kathrin Göring-Eckardt, die an den Gesprächen teilnimmt, gegenüber der »Thüringer Allgemeinen« erklärt, das Thema Umweltpolitik sei den Bündnisgrünen »sehr wichtig«.

Der Fraktionsvorsitzende der LINKEN in Thüringen, Bodo Ramelow, sagte im Gespräch mit der »Neuen Osnabrücker Zeitung«, man wolle in den Sondierungsgesprächen »das Fundament für etwas schaffen, für etwas Gemeinsames, das es in Deutschland noch nicht gab«. Er wolle, dass der Wert kommunaler Unternehmen wie der Stadtwerke, Wohnungsgesellschaften oder Krankenhäuser gesehen und genutzt werde. »Privatisierungen in diesen Bereichen hatten vielfach fatale Folgen, für die Kommunen und für die als Kunden, Mieter oder Patienten betroffenen Menschen.« Ramelow verwies unter anderem auf die Rekommunalisierung von E.ON Thüringen, »die wir noch unter der schwarz-roten Landesregierung geschafft haben«. Dies sei »ein wichtiger Schritt« gewesen.

Übereinkunft haben LINKE, SPD und Grüne bereits über ein gebührenfreies Kita-Jahr und die Abschaffung des von der CDU eingeführten Landeserziehungsgeldes erzielt. Auf der Liste stehen außerdem: der Ausbau der Gemeinschaftsschulen, die Neueinstellung von 500 Lehrern pro Jahr und der Aufbau einer zusätzlichen Vertretungsreserve, der Erhalt aller Hochschulstandorte und die Aufnahme von Verhandlungen für einen Tarifvertrag für die studentischen Beschäftigten an Hochschulen. Die Bundeswehr soll keine Informations- und Bildungsveranstaltungen in Eigenregie an Schulen mehr durchführen können, auch soll es keine Informationsveranstaltungen des Verfassungsschutzes mehr an Schulen geben.

Einigkeit herrscht nach den bisherigen Sondierungen auch darüber, Verhandlungen für einen Tarifvertrag in der Sozialwirtschaft, also für die Beschäftigten im Pflege-, Kita- und Jugendbereich, aufzunehmen. Das aktive Wahlalter in Kommunen soll auf 16 Jahre abgesenkt werden. Im Kampf gegen Rechts sollen die Mittel für das Landesprogramm um eine Million Euro aufgestockt werden. Auch die Finanzierung der mobilen Beratungsstellen soll abgesichert werden.

Im Falle einer Koalition wollen Linkspartei, SPD und Grüne zudem die grundsätzliche Reform der Erstaufnahme von Flüchtlingen in Thüringen angehen, für eine dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern und einen unbürokratischen Zugang zu medizinischer Versorgung durch Ausgabe einer Krankenkassenkarte sorgen. Auch gibt es Einigkeit darüber, die Gutscheine und Sachleistungen in den letzten zwei Thüringer Landkreisen abzuschaffen und die psychosoziale Versorgung von Flüchtlingen sicherzustellen. nd/Agenturen

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