Deutsche Hilfe mit Defiziten

Experten sehen die Lage in Ebola-Region auch sozial und wirtschaftlich dramatisch

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.
Liberia ist am meisten von Ebola betroffen. Die Botschafterin des westafrikanischen Landes, Ethel Davis, bat um mehr Hilfe im Kampf gegen die Krankheit.

Von mindestens 4249 in Liberia mit Ebola Infizierten sind bisher 2458 Menschen gestorben. Damit ist das Land am stärksten von der Epidemie betroffen. Die Zahlen nannte Ethel Davis, Liberias Botschafterin in der Bundesrepublik am Mittwoch in Berlin. Sie bat um mehr Hilfe: »Wir brauchen weitere Behandlungszentren, mehr Schutzkleidung und Medikamente - und leider auch Leichensäcke«, erklärte sie bei einem Fachgespräch auf Initiative des Bundestagsabgeordneten der LINKEN, Niema Movassat. Nachdem die Krankheit in Liberia an der Grenze zu Guinea ausgebrochen war, ist die Hauptstadt Monrovia jetzt Zentrum der Seuche. Zuvor galt Liberia als Staat mit hoffnungsvollem Wirtschaftswachstum.

Denis Pineda, aus Kuba stammender Arzt, lebt heute in Bremen und arbeitet dort im Gesundheitsamt. Er war gerade zum vierten Mal zu einem Einsatz in Afrika und berichtete über die Situation in Sierra Leone, im Gebiet Kailahun - direkt in der Grenzregion zu Guinea und Liberia. Pineda arbeitete dort sechs Wochen für »Ärzte ohne Grenzen«. Früher hatte der Spezialist für Infektionskrankheiten bereits Patienten mit Denguefieber versorgt, aber »so etwas wie mit Ebola habe ich zum ersten Mal erlebt«. Streng hielten er und seine Mitarbeiter sich an alle Sicherheitsvorschriften. Auch ihm fiel es sehr schwer, wegen der Schutzanzüge keinen direkten Kontakt mit den Patienten aufnehmen zu können. Als er sich während des Einsatzes müde und schwach fühlte, bekam er Angst, sich angesteckt zu haben. Pineda arbeitete in einer Station mit 70 Betten. »Ich merkte, dass hier etwa falsch läuft, als die Ambulanzfahrzeuge bei uns ankamen. Manchmal sind sie acht Stunden von Freetown bis zu uns unterwegs gewesen. Zwei Patienten im Fahrzeug waren schon tot, zwei bluteten bereits.« Körperflüssigkeiten sind die Verbreitungswege des Virus. Pineda kann nicht verstehen, dass er auf seine Anfrage an die Bundeswehr, wieder nach Afrika zu gehen, eine Absage erhielt. Gerade hat er die notwendige dreiwöchige Quarantäne hinter sich, beteiligt sich aber bereits an der Vorbereitung weiterer DRK-Einsatzkräfte.

Jens Holst, unabhängiger entwicklungspolitischer Berater, wies auf Schwächen in der deutschen Unterstützung für die westafrikanische Katastrophenregion hin. Nach seinen Informationen verfügte Deutschland über einen ersten, allerdings nicht validierten Schnelltest für Ebola, stellte diesen aber nicht zur Verfügung. Später beauftragte die US-Regierung eine Firma mit der Herstellung. Die deutsche Botschaft in Guinea sei schon im Februar um Unterstützung für den Transport von Schutzmaterialien gebeten worden, erst ein halbes Jahr später wurde reagiert.

Holst kritisierte den vorwiegend biomedizinischen Ansatz bei der Hilfe, es ging mehr um Technologie und Medikamente als soziale und ökonomische Aspekte. Ralf Südhoff vom UN-World Food Programme wies auf vermutlich noch wachsende Probleme bei der Nahrungsmittelversorgung in den drei Ländern hin. Allein für Lebensmittel für die nächsten drei Monate würden 90 Millionen Dollar benötigt, noch einmal die gleiche Summe für die 400 Helfer, da man die Menschen nicht zu Sammelstellen rufen könne. Kathrin Vogler (LINKE-Bundestagsfraktion) forderte schnell und dauerhaft mehr Mittel. Deutschland müsse laut jüngsten WHO-Anforderungen 1200 qualifizierte Helfer entsenden, bisher seien von 1600 Bewerbern 117 geeignete ausgewählt worden, darunter lediglich 43 Ärzte.

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