Von Fröschen und Ratten

Studien zu Sicherheit von Pestiziden und Gentech-Pflanzen oft umstritten

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Wenn wissenschaftlich begründete Einwände gegen die von ihren Protagonisten »Grüne Gentechnik« genannten Züchtungsverfahren erhoben werden, fallen meist drei Namen: Andrés Carrasco, Embryologe an der Universität Buenos Aires (Argentinien), Don Huber, emeritierter Professor für Pflanzenphysiologie von der Purdue University (West Lafayette, US-Bundesstaat Indiana), und Gilles-Éric Séralini, Molekularbiologe an der Universität von Caen (Frankreich). Die beiden ersten wiesen vor allem auf Risiken beim Einsatz des Herbizids Glyphosat hin.

Carrasco hatte, aufgestört durch eine Häufung von Fehlgeburten und Missbildungen in Gebieten, wo glyphosatresistente Sojabohnen angebaut werden, Studien an Froschembryonen und Hühnereiern durchgeführt. Dabei spritzte er das Herbizid direkt in die Eier. Gehäufte Fehlbildungen der Kaulquappen und Küken waren die Folge. Während Umweltschützer diese Ergebnisse sofort als Bestätigung ihrer kritischen Einstellung sahen, kamen von anderen Wissenschaftlern und vor allem von staatlichen Zulassungsbehörden zahlreiche Einwände gegen die angewandte Methodik. So bemängelt das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auf seiner Website, dass Carrasco die Testsubstanzen direkt an die Nachkommen verabreicht habe. Zum Test der fruchtschädigenden Wirkung hätte man die Chemikalien aber den Muttertieren geben müssen. Und eine neue Studie im Fachblatt »Ecotoxicology and Environmental Safety« fand heraus, dass schädliche Wirkungen auf den Nachwuchs von Amphibien im Freiland möglicherweise schwächer ausfallen, weil Glyphosat in sauren Medien und bei Anwesenheit von Sedimenten mit verrottender Biomasse schneller aus dem Wasser verschwindet.

Herbizide werden nicht als reiner Wirkstoff eingesetzt, sondern mit weiteren Hilfsstoffen gemischt. Das als Netzmittel beigefügte POE-Tallowamine hält das BfR für schädlicher als Glyphosat.

Der US-Wissenschaftler Huber sieht ein weiteres Problem: Das ursprünglich als Komplexbildner (Substanzen, die leicht Metalle binden) entwickelte Glyphosat entziehe dem Boden wichtige Spurenelemente und mache die Pflanzen damit anfällig für Krankheiten. Seine Kollegen an der Purdue University mochten aus den bekannten Daten keine bedrohliche Nebenwirkung ableiten.

Séralini wiederum fand bei einer Langzeitfütterung von Ratten mit herbizidresistentem Gentech-Mais eine Zunahme von Krebserkrankungen. Auch hier gab es geballten Einspruch aus der Wissenschaftlergemeinde gegen Mängel der Methodik. Der genutzte Rattenstamm sei für seine Krebsanfälligkeit bekannt, die Zahl zu gering. Das Fachjournal »Food and Chemical Toxicology« zog Séralinis Publikation daraufhin zurück. StS

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