Reiche lassen sich nicht in die Börse schauen

Millionäre und Milliardäre sind in Vermögensstudien unterrepräsentiert

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.
Vielen Menschen hierzulande droht die Altersarmut. Dagegen sind die Superreichen einer Studie zufolge wahrscheinlich noch wohlhabender als gedacht.

In Deutschland können sich immer mehr Menschen keine private Altersvorsorge mehr leisten. Dies ist das Ergebnis des »Vermögensbarometers 2014«, den der Deutsche Sparkassen- und Giroverband am Donnerstag vorstellte. Demnach stieg der Anteil der Menschen, die »finanziell nicht in der Lage« sind, Altersrücklagen aufzubauen, auf 16 Prozent. 2012 waren es nur zwölf Prozent.

Für den rentenpolitischen Sprecher der LINKEN in Bundestag, Matthias W. Birkwald, ist besonders alarmierend, dass sich die Hälfte aller Geringverdiener keine private Altersvorsorge leisten kann. »Das Rentenniveau der gesetzlichen Rente muss wieder angehoben werde«, fordert Birkwald deswegen. Denn wer den Menschen »die Angst vor Altersarmut nehmen« wolle, müsse die Kürzungsfaktoren aus der Rentenanpassungsformel streichen.

Gleichzeitig kamen Forscher des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in einer neuen Studie zu dem Ergebnis, dass der Reichtum hierzulande noch ungerechter verteilt ist als bisher angenommen. Der Grund: Die Vermögenslage der Superreichen ist schlecht erforscht und deswegen meist unterschätzt.

Viele Vermögensstudien etwa basieren auf dem Sozio-Ökonomischen Panel (SOEP). Dieses sei auch die »umfassendste und in vieler Hinsicht beste Datenbasis für Analysen der Ungleichheit in Deutschland«, sagt der IMK-Forscher Till van Treeck. Doch weist die SOEP-Befragung eine entscheidende Schachstelle auf: »Personen, die sehr hohe Einkommen haben oder sehr vermögend sind, geben nur sehr ungerne Auskunft über ihre finanziellen Verhältnisse«, so van Treeck.

Dabei sprechen dem IMK zufolge Indizien dafür, dass die Ungleichheit hierzulande weiter zunimmt. Vor allem angesichts fallender Lohn- und entsprechend steigender Gewinnquoten sei dies »mehr als wahrscheinlich«. Jedoch wird diese Entwicklung in gängigen Studien häufig nicht adäquat erfasst, da sie sich meist nur auf Privatvermögen beziehen. Viele Firmen aber schütten nur einen Teil ihrer Gewinne aus, wodurch letztlich auch der Wert der Firma für seine Besitzer steigt.

Zudem hat auch die Abschaffung der Vermögenssteuer zur Verschleierung der finanziellen Lage der Reichen beigetragen. Dadurch haben selbst die Finanzämter den Überblick über die Besitztümer der Superreichen verloren. Und auch die Einführung der Abgeltungssteuer trug ihren Beitrag zur Verschleierung der tatsächlichen Vermögenslage bei: Seitdem müssen die meisten Kapitalerträge nicht mehr in der Steuererklärung aufgeführt werden.

Trotz der mangelhaften Datenlage versuchten die IMK-Forscher, die finanzielle Lage der Superreichen zu schätzen. Demnach hatten die obersten zehn Prozent im Jahr 2012 im Schnitt knapp 1,4 Millionen Euro zur Verfügung. Dies ist das 80-fache eines normalen Jahreseinkommens. Im Jahr 2002 war es noch das 50-fache.

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