»Stark sind wir nur gemeinsam«

Hans-Gerd Öfinger rät Lokführern und Piloten zum Schulterschluss mit allen abhängig Beschäftigten

  • Lesedauer: 2 Min.

Niemand sollte glauben, dass es Niedriglöhnern besser geht, wenn die Piloten oder Lokführer in die Knie gezwungen werden. Andererseits sind beide Berufsgruppen mit verantwortlich für das Unverständnis, dass so mancher ihrem Arbeitskampf »um Privilegien«, wie es gern heißt, entgegen bringt. GDL und Cockpit neigen zu Individualismus und setzen allein auf ihre Unverzichtbarkeit, statt der Öffentlichkeit die Hintergründe ihrer Streiks zu erläutern. Dabei könnten sie mit Anteilnahme rechnen. So möchten bei der privatisierten Lufthansa Großaktionäre wie die US-Investmentfirma »Blackrock« die milliardenschweren Rückstellungen für die Alters- und Übergangsversorgung als Dividende ausschütten - ein Gebaren, das Ex-SPD-Chef Müntefering einst mit »Heuschrecken« verglich. Die Cockpit-Mitglieder hätten gute Karten, wenn sie das mediale Interesse nutzten, um den gemeinsamen Kampf aller Beschäftigten gegen Profitgier, Sozialabbau und das mit der Liberalisierung im Luftverkehr einhergehende Lohn- und Sozialdumping voranzutreiben.

Auch die GDL hat auf Dauer ein dickes Problem, wenn sie den Eindruck fördert, dass es ihr vor allem um Organisationsinteressen geht und nicht um einen gemeinsamen Kampf aller Eisenbahner für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen und kürzere Arbeitszeiten. Soll die geforderte 37-Stunden-Woche ausstrahlen und nicht nur den Überstundenberg erhöhen, müssen Neueinstellungen und ein voller Personal- und Lohnausgleich her.

Die Unzufriedenheit in allen Bereichen ist Folge der Liberalisierung, die in EU-Richtlinien wie dem 4. Eisenbahnpaket verankert ist und den Kosten- und Dumpingdruck auf die Bahn verstärkt. Der von einem privaten Güterzug verursachte schwere Unfall im Juli in Mannheim hat verdeutlicht, dass ein Geflecht von Privatbahnen, Leiharbeits- und Subfirmen mit miserablen Bedingungen auch für Lokführer auf deutschen Gleisen unterwegs ist und die Sicherheit untergräbt. Weil die GDL-Spitze die Liberalisierung im Eisenbahnsektor und Zerfledderung der Deutschen Bahn befürwortet, verzichtet sie darauf, mit anderen dagegen zu kämpfen. Einer europaweiten Demonstration gegen das EU-Eisenbahnpaket Anfang 2014 in Straßburg blieb sie demonstrativ fern. Schon in der Streikbewegung 2007/08 lehnte es die GDL-Führung kategorisch ab, die Forderung nach Stopp des akut drohenden DB-Börsengangs zu erheben.

»Stark sind wir nur gemeinsam«, heißt es in einem Appell von zwei Berliner S-Bahn-Beschäftigten - ein Mitglied der EVG und eines der GDL - an ihre Gewerkschaften. Sie sprechen sich gemeinsam für kräftige Reallohnerhöhungen besonders für die unteren Lohngruppen, Arbeitszeitverkürzung, Neueinstellungen und bessere Arbeitsbedingungen aus. Es liegt nun an der Basis beider Bahngewerkschaften, diese Einheit von unten aufzubauen.

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