Tausende Rechte marschierten in Köln auf

Linkenchef Riexinger verlangt Aufklärung: Rechtsradikaler Charakter des Aufmarsches lange vorher bekannt / Ausländer-raus-Rufe auf der Demonstration / Nach Attacken auf Passanten und Antifaschisten Einsatz von Wasserwerfern

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Mehr als 4500 Rechtsradikale und Hooligans haben in Köln demonstriert - angeblich gegen Salafisten. Sie skandierten rassistische Parolen und jagten Antifaschisten. Die Polizei hatte die Lage zeitweise nicht unter Kontrolle.

Update 23.00 Uhr: Mit zirka 50 Teilnehmern zog in Berlin am späten Abend eine spontane antifaschistische Demonstration durch den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, um ein Zeichen gegen Neonazis und die gewalttätigen Übergriffe der Hooligans in Köln zu setzen.

Update 22.30 Uhr: Am späten Abend zog die Polizei eine erste Bilanz des Tages: 44 verletzte Beamte von Landes- und Bundespolizei wurden verletzt, 17 Personen vorrübergehend festgenommen. Zudem wurden mehrere Einsatzfahrzeuge beschädigt. "Trotz der vom Veranstalter angekündigten Friedfertigkeit haben wir mit einer großen Anzahl gewaltbereiter Teilnehmer gerechnet", sagte der Einsatzleiter, Leitender Polizeidirektor Klaus Rüschenschmidt. "Gegen massive gewalttätige Übergriffe sind wir konsequent vorgegangen." Eine antifaschistische Gegenveranstaltung mit Hunderten Teilnehmern auf dem Bahnhofsvorplatz mit anschließendem Aufzug zum Kölner Friesenplatz verlief ohne Zwischenfälle. 

Update 20.10 Uhr: Bei den rechtsradikalen Krawallen in Köln sind mindestens 13 Polizisten verletzt worden, einer davon schwer. Das berichtet die Nachrichtenagentur SID. Sechs Personen seien vorübergehend festgenommen worden.

Update 19 Uhr: Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, hat nach dem Aufmarsch tausender Rechter in Köln rasche Aufklärung über das Agieren der Innenbehörden von Nordrhein-Westfalen gefordert. »Diese sogenannte Demonstration hätte niemals zugelassen werden dürfen«, sagte Riexinger dem »nd«. Das Veranstaltungsrecht sei »nicht zur Legalisierung von Neonazi-Gewaltexzessen da«. Der Linkenpolitiker sagte weiter, die Innenbehörden in Nordrhein-Westfalen müssten »sich hier ernsthafte Fragen gefallen lassen. Der rechtsextreme Charakter der Veranstaltung war ebenso lange vorher bekannt wie ihr extremes Gewaltpotenzial.« Riexinger warnte, »nächstens können die Nazis an Rhein und Ruhr noch legal zu einem Sturm auf Flüchtlingsunterkünfte einladen«. Er forderte, die Vorgänge von Köln müsse nun Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) aufklären.

Polizei hat Lage zeitweise nicht unter Kontrolle

Köln. Tausende zumeist rechtsradikale Fußball-Hooligans haben am Sonntag in der Kölner Innenstadt gegen Salafisten demonstriert. Bei der Versammlung am Hauptbahnhof, die von einem Mitglied der rechtsradikalen Pro-NRW-Partei angemeldet worden war, trafen sich Teilnehmer aus ganz Deutschland und marschierten im Anschluss durch die Innenstadt. Schon vor Beginn der offiziell angemeldeten Demonstration wurden am Kölner Hauptbahnhof »Ausländer-raus«-Rufe angestimmt. Es dürfte sich um eine der größten rechten Aufmärsche seit Jahren gehandelt haben.

In Sozialen Netzwerken war von gewaltsamen Attacken auf Passanten und Antifaschisten die Rede, immer wieder ertönten demnach Rufe wie »Ausländer raus« und »Kommt her, wenn ihr Deutsche seid«. Einige der Rechten hatten bereits Ende September in Dortmund gegen den islamistischen Agitator Pierre Vogel protestiert.

Nach massiven Ausschreitungen und Provokationen durch zahlreiche Teilnehmer des rechten Aufmarsches, setzten die Beamten am Sonntagnachmittag zwei Wasserwerfer ein. Vorher seien Flaschen, Steine und Feuerwerkskörper auf die Beamten geschleudert worden, erklärte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur dpa. »Wir haben jetzt im Moment Pfefferspray, Schlagstöcke und Wasserwerfer im Einsatz und versuchen, die Lage etwas unter Kontrolle zu kriegen.«

Wie der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet, kam es von Seiten der Rechten immer wieder zu Übergriffen auf Passanten und Journalisten. Unter dem Motto »Schulter an Schulter gegen Rassismus und religiösen Fundamentalismus« hatte ein antifaschistisches Bündnis zu einer Gegendemonstration aufgerufen.

Landeschef Erich Rettinghaus der Polizeigewerkschaft hatte bereits im Vorfeld im Kölner Stadt-Anzeiger darauf hingewiesen, dass gewaltbereite Fußball-Anhänger mit Kontakten in die rechtsradikale Szene Vorbehalte in der Bevölkerung gegen die islamistischen Extremisten nutzen und sich »in die Rolle der Gutmenschen drängelten, um mehr Anhänger zu mobilisieren«. nd mit Agenturen

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