Bunte Blätter in der Steckdose

Erneuerbare Energie Herbstlaub? 70 000 Tonnen verlieren allein Berlins Bäume jährlich

  • Andrea Barthélémy
  • Lesedauer: 3 Min.
Herbstlaub ist schön, aber macht viel Arbeit. Die Kommunen suchen nach Wegen, die Laubberge klimafreundlich weiterzuverwerten.

Jetzt fallen sie wieder, in gelb, rot und braun. Allein in Berlin, der grünen Hauptstadt, sind es etwa 70 000 Tonnen Blätter, die jeden Herbst an Straßen, in Parks und Gärten zusammengekehrt und dann entsorgt werden müssen. Es ist ein Laubberg, der rund 2000 Güterwaggons füllen könnte. Doch wohin mit der bunten Pracht?

Das Gros wird bislang industriell kompostiert. Doch dabei entsteht nicht nur wertvoller Dünger, sondern es entweichen auch schädliche Treibhausgase wie Methan und Kohlendioxid. Neue Ideen sind gefragt. Denn möglicherweise steckt mehr in den Blättern von gestern als der Kompost von morgen: Verschiedene Firmen entwickeln Verfahren, das Laub als Energieträger zu nutzen, zum Beispiel als Brennstoff: Bio-Kohle aus Laub.

Auch in Berlin arbeitet die Senatsverwaltung für Umwelt und Stadtentwicklung seit längerem an einer klimafreundlicheren Verwertung von Laub. Biokohle wurde bislang aber nur testweise in den Heizkraftwerken verfeuert. Anders als bei Versuchen mit veredelten Holzpellets war das Ergebnis auch nicht so gut, wie von manchen erhofft. »Der Brennstoff passte einfach nicht zur Mitverbrennung in Kohlekraftwerken«, sagt Vattenfall-Sprecher Hannes Hönemann. Vor allem: Ebenso wie die gut brennbaren Holzpellets sei er ohne Subvention zu teuer.

Berlin hat sich deshalb zunächst von der Biokohle verabschiedet und testet derzeit, das Laub ohne weitere Vorbehandlung bei der Abfallverbrennung mitzuverfeuern - bis jetzt erfolgreich. »Emissionswerte und Filterstäube haben sich nicht verschlechtert. Voraussichtlich werden wir ab 2015 das Laub vor allem verbrennen«, sagte ein Sprecher der Senatsverwaltung.

Halle (Saale) ist die bundesweit erste Kommune, die einen Teil der Grünabfälle und Laub in Eigenregie zu Biokohle verarbeitet. »Wir sind guter Hoffnung«, sagt die Sprecherin der Stadtwerke, Iris Rudolph. Zwar habe es technische Anlaufschwierigkeiten gegeben, aber man halte daran fest, das Verfahren dauerhaft in die Entsorgung zu integrieren. Auch andere Kommunen zeigen laut Anbieter Interesse. Industrielle Anlagen stehen unter anderem in Karlsruhe (Baden-Württemberg), in einem Energiepark bei Anklam (Mecklenburg-Vorpommern) und in Ibbenbüren (Nordrhein-Westfalen).

Eines der Unternehmen mit Pilotanlage ist Suncoal im brandenburgischen Ludwigsfelde. Das Verfahren, das dort in einer Art Megakochtopf aus Laub, Wiesenmahd oder auch Klärschlamm Biokohle macht, heißt hydrothermale Carbonisierung (HTC). Dabei werden Grünabfälle unter hohem Druck und hoher Hitze in einen trockenen Brennstoff verwandelt, der als Staub oder Pellet in Kohlefeuerungen verbrannt werden kann. »Natürlich kann man Laub auch einfach so in Abfallverwertungsanlagen mitverbrennen, aber der Heizwert von Biokohle ist wesentlich höher«, sagt Dominik Siemon von Suncoal. Zum Vergleich: Nicht verarbeitetes Laub erzeuge beim Verbrennen knapp 6 Megajoule/Kilogramm, Biokohle erreiche je nach Zusammensetzung zwischen 22 und 24 Mj/kg.

Auch eine Untersuchung des DIW Berlin sieht zwar derzeit hohe Kosten, aber auch Vorzüge der Biokohle aus Restgrün - nicht nur bei der Verbrennung, sondern auch als CO2-bindender Dünger von Ackerböden. Das Umweltbundesamt möchte keine abschließende Bewertung abgeben. »Unserer Meinung nach gibt es noch keine ausreichende großtechnische Erfahrung mit dem HTC-Verfahren«, sagte Abfalltechnikerin Julia Vogel.

So bleibt es oft beim Status quo: Das meiste Laub wird derzeit kompostiert. Nur ein kleiner Teil davon bleibt im heimischen Garten. Das Gros der Laubsäcke, die in diesen Tagen wieder bundesweit befüllt und an die Straße gestellt werden, landet bei Profi-Kompostierern. Dort werden die riesigen Laubberge gesiebt, geschreddert und zu meterhohen Mieten aufgeschichtet. Innerhalb von neun Monaten und mit Hilfe unzähliger Mikroorganismen wird daraus dann neuer Humus - für den übernächsten Frühling. dpa

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