Moskau: Viel Zwietracht am Tag der Einheit

  • Ute Weinmann, Moskau
  • Lesedauer: 2 Min.

Noch nie haben am 4. November, der in Russland seit 2005 als »Tag der Volkseinheit« begangen wird, so viele Menschen an Demonstrationen teilgenommen wie in diesem Jahr. Normalerweise konzentriert sich die öffentliche Aufmerksamkeit auf den »Russischen Marsch«, der alljährlich in Moskau bis zu zehntausend Nationalisten und Neonazis zusammenbringt. Allerdings sorgten die Ereignisse in der Ukraine bei der russischen extremen Rechten für Konfliktstoff. Maidan und sogenannte Volksrepubliken im Donbass eröffneten unüberwindbare Fronten zwischen deren Befürwortern und erbitterten Gegnern. Von dem Motto des diesjährigen Aufmarsches im Moskauer Stadtteil Ljublino »Russischer Marsch für eine russische Einheit« war wenig zu erkennen. Weniger als 3000 Teilnehmer fanden sich dort ein. Obwohl die Organisatoren darum gebeten hatten, das Verhältnis zu den neuen Staatsgebilden in der Ostukraine nicht zu thematisieren, waren die zahlreichen »Neurussland-Fahnen« im vorderen Teil der Demonstration nicht zu übersehen, während die Kolonnen in der zweiten Hälfte sich laut davon distanzierten.

Ein Teil der in Ljublino erwarteten Teilnehmer schloss sich kurzerhand einer Konkurrenzveranstaltung zur Unterstützung von »Neurussland« im Nordwesten Moskaus an. An dieser Demonstration beteiligten sich etwa 1500 Personen. Im Übrigen war Mitte Oktober die Festnahme von Alexander Below erfolgt, einem der Anführer der Bewegung »Russkije«, der sich seither unter Hausarrest befindet. Zwar wird gegen ihn nicht aufgrund eines politischen Delikts ermittelt, sondern wegen Geldwäsche, aber die Verhaftung kurz vor dem Großereignis russischer Nationalisten dürfte in der rechten Szene als deutlicher Wink aus dem Kreml interpretiert worden sein. Ein massiver Aufmarsch russischer Neonazis in der Hauptstadt passt nicht in das Bild des antifaschistischen Staates, der die russischsprachige Bevölkerung im Donbass vor den Faschisten im restlichen Teil der Ukraine schützt.

Insofern ist es nur konsequent, dass der 4. November erstmals mit einer offiziellen Demonstration im Moskauer Stadtzentrum begangen wurde. Nach Angaben der Polizei nahmen an der Veranstaltung unter dem Motto »Wir sind vereint« 75 000 Menschen teil. Selbst Präsident Wladimir Putin und Patriarch Kyrill fanden sich ein, um Blumen niederzulegen.

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