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Mainzer Genossen demonstrieren Geschlossenheit

Auf dem Parteitag der rheinland-pfälzischen SPD war man bemüht, jedwede Kritik an Ministerpräsidentin Malu Dreyer zu vermeiden

  • Hans-Gerd Öfinger, Mainz
  • Lesedauer: 3 Min.
Wenige Tage nach einer umfassenden Kabinettsumbildung in der rot-grünen Landesregierung übt die SPD in Rheinland-Pfalz den Schulterschluss.

Ein Landesparteitag in Mainz feierte die seit Anfang 2013 amtierende Ministerpräsidentin Malu Dreyer mit stehenden Ovationen. In ihrer Grundsatzrede begründete die Regierungschefin das im Zuge der jüngsten Nürburgring-Pleite vorgenommene umfangreiche Revirement im Landeskabinett als »menschlich nicht leichten«, aber »wohlüberlegten« Schritt und als »Zäsur und Signal, um deutlich zu machen: Die SPD ist da, wir sind da.« Es habe »einen Kraftakt gebraucht, um jetzt mit einer neuen Mannschaft unsere Politik wieder in den Blick zu rücken«, so Dreyer, die nach knappen Worten des Danks an die ausscheidenden Regierungsmitglieder rasch auf landespolitische Details zu sprechen kam. Als Schwerpunkte ihres Kabinetts hob sie ein schnelles und flächendeckendes Internet, Bildung und Forschung, demografischen Wandel und den Strukturwandel in vom Arbeitsplatzabbau besonders stark betroffenen Regionen hervor. Mit Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Hochschule, Ganztagesschulen und dem höchsten Anteil von Lehrkräften unter 50 Jahren sei Rheinland-Pfalz bundesweit führend.

Dreyer, langjährige Sozialministerin, war um leise Töne und ein Kümmererimage bemüht. Ihre CDU-Herausforderin Julia Klöckner, die als Oppositionsführerin angesichts der jüngsten Regierungskrise Neuwahlen gefordert hatte, erwähnte Dreyer nur indirekt mit der Bemerkung: »Wenn sich die CDU weiter am Gestern abarbeiten will, dann ist sie dort auch gut aufgehoben.« Dreyers Vorgänger, der langjährige Regierungschef Kurt Beck, arbeitet mittlerweile als Berater für den Pharmakonzern Boehringer Ingelheim und die parteinahe Friedrich Ebert-Stiftung. Er blieb dem Parteitag fern.

Weil der Ausgang der Landtagswahl Ende März 2016 als offen gilt, schien das Streben nach Geschlossenheit, die bei der rheinland-pfälzischen SPD ohnehin schwach ausgeprägte Diskussionslust der Delegieren weiter zu dämpfen. So war der Juso Dennis Feldmann der einzige Delegierte, der in einer kurzen Debatte vorsichtig kritische Töne anklingen ließ. Er erinnerte daran, dass jenseits der gepriesenen Gebührenfreiheit im Bildungswesen von der Kita bis zur Hochschule, die Schülerbeförderung mit Bus und Bahn sowie die Anschaffung von Schulbüchern mitunter sehr kostspielig seien und hier Handlungsbedarf bestehe.

Unspektakulär verliefen auch die Vorstandswahlen. So wurde Innen- und Verkehrsminister Roger Lewentz, der als starker Mann im Kabinett Dreyer das jüngste Revirement »überlebt« hatte, mit knapp 90 Prozent Ja-Stimmen als Landesvorsitzender bestätigt. Schlechtestes Ergebnis bei der Wahl der Vize-Landeschefs erzielte mit »nur« 82 Prozent Ex-Wirtschaftsminister Hendrik Hering, der im Zuge der jüngsten Personalrochade auch seinen Job als Fraktionschef verloren hatte.

Derzeit sind im Mainzer Landesparlament nur SPD, CDU und Grüne vertreten. Die SPD hatte 1991 erstmals im als »strukturkonservativ« geltenden Stammland von CDU-Altkanzler Helmut Kohl die Regierungsmacht erobert und diese seither verteidigt. Ob kleinere Parteien wie Linkspartei und AfD künftig im Mainzer Landtag sitzen, gilt als offen. Während manche SPD-Mitglieder der Landes-CDU ein Liebäugeln mit der Rechtspartei AfD attestieren, unterstrich Linkspartei-Landeschef Alexander Ulrich jüngst in der Regionalpresse seine Bereitschaft zu Rot-Rot-Grün, »wenn die LINKE den Sprung in den Landtag schafft«. Derzeit liegt die LINKE in Umfragen bei vier Prozent.

Dass die ungewisse Zukunft des Nürburgrings nach wie vor Geschäftswelt, Anwohner, Motorsportfans und Freunde der traditionsreichen Rennstrecke bewegt, zeigte eine Kundgebung vor der Tagungshalle, zu der mehrere hundert Menschen mit einem Autokorse aus der betroffenen Eifelregion nach Mainz gereist waren. Mit Parolen wie »Legenden verkauft man nicht« und »Der Ring gehört in gemeinnützige Hände« setzten sie sich gegen den Verkauf der Rennsportanlage an einen russischen Investor und Oligarchen im Zuge des aktuellen Insolvenzverfahrens ein. Zudem forderten sie eine Weiterführung der Anlage in öffentlicher Hand. Doch darauf wollte sich in der Halle niemand einlassen.

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