Rot-Rot-Grün in Thüringen einen Schritt weiter

Linkspartei, SPD und Grüne einigen sich auf Koalitionsvertrag / Koalitionsvertrag soll am Donnerstag vorgestellt werden

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Update 17.50 Uhr: »Wir haben uns in allen Fragen verständigt«, sagte die Landesvorsitzende der Linken, Susanne Henning-Wellsow, zum Abschluss der Koalitionsverhandlungen. Das gelte auch für den Zuschnitt der Ministerien, der am letzten Verhandlungstag für Kontroversen gesorgt hatte.

Die Grünen, mit 5,7 Prozent der Stimmen bei der Landtagswahl kleinster Partner in dem Dreierbündnis, pochten auf zwei Ministerien. Sie sollen nach dpa-Informationen nun ein Ministerium für Umwelt und Energie sowie das Justizressort erhalten. Hennig-Wellsow und Bausewein bestätigten zunächst nur, dass es - wie bei der derzeitigen schwarz-roten Regierung - neun Minister geben solle.

SPD-Landeschef Andreas Bausewein sprach von einer guten Grundlage, die der 105 Seiten starke Koalitionsvertrag für eine neue Regierung biete. »Das war ein mehr als achtwöchiges Ringen«, kommentierte der Landesvorsitzende der Grünen, Dieter Lauinger, den Abschluss der Verhandlungen. Das Ergebnis könne sich jedoch sehen lassen.

In die Präambel des Koalitionsvertrages sollen Teile der Erklärung der drei Parteien zum DDR-Unrecht aufgenommen werden. Sie solle die »Lebenssituation und Geschichte aller Thüringer« beschreiben, sagte Hennig-Wellsow.

Update 17.26 Uhr: Erfreut über die erfolgreichen Koalitionsverhandlungen in Thüringen zeigte sich das »forum demokratischer sozialismus« (fds). An der nun beginnenden inhaltlichen Debatte wolle sich der parteiinterne Zusammenschluss der Linkspartei »solidarisch und intensiv beteiligen«, wie die beiden Bundessprecher des fds, Dominic Heilig und Luise Neuhaus-Wartenberg erklärten. »Bereits jetzt ist aber deutlich geworden: DIE LINKE kann es! Wir sind als Partei in der Lage, uns Vertrauen bei den Menschen und Koalitionspartnern ehrlich zu erarbeiten. Dabei scheuen wir vor kritischen Debatten nicht zurück, sondern gehen auch schwere Wege, mit dem Ziel, die Politik in diesem Land in eine andere Richtung, weg von Überwachung, Sozialabbau und Ausgrenzung, zu verschieben.«

Update 17.08 Uhr: Der Koalitionsvertrag für Rot-Rot-Grün steht, doch damit ist LINKEN-Fraktionschef Bodo Ramelow noch längst nicht zum neuen Ministerpräsidenten Thüringens gewählt. Dem am heutigen Mittwoch vereinbahrten Vertrag müssen die Mitglieder von Linkspartei und Grünen noch zustimmen. Die Thüringer SPD-Basis hatte bereits grünes Licht für eine rot-rot-grüne Koalition unter Führung der Linkspartei gegeben. Abschließend entscheiden die Landesparteitage.

Die Wahl des neuen Ministerpräsidenten ist für den 5. Dezember geplant. Mit Bodo Ramelow könnte erstmals ein Linkspolitiker zum Regierungschef eines Bundeslandes gewählt werden. Rot-Rot-Grün hat im Landtag allerdings nur eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme, weshalb die Wahl mit besonderer Spannung erwartet wird.

Update 16.45 Uhr: Zu den konkreten Inhalten des Koalitionsvertrages wollen sich Linkspartei, SPD und Grüne erst am morigen Donnerstag detailliert äußern. Aus den Gesprächen in den letzten Wochen waren nur wenige Punkte an die Öffentlichkeit gesickert. So soll in Thüringen ein kostenfreies Kita-Jahr eingeführt und das Landeserziehungsgeld, das in Thüringen bislang unabhängig vom bundesweiten Betreuungsgeld gezahlt wird, abgeschafft werden. Zudem soll der Ausbau der erneuerbaren Energien gefördert werden. Der Thüringer Verfassungsschutz soll stärker kontrolliert und V-Leute sollen - bis auf Ausnahmen zur Terrorismusabwehr - weitgehend abgeschaltet werden. Damit hat die Linkspartei erhebliche Zugeständnisse gemacht und ihr erklärtes Ziel, den Verfassungsschutz ganz abzuschaffen, vorerst aufgeschoben. Für die Thüringer CDU reichen diese Informationen für ein Urteil bereits aus. Die CDU warf Linken, SPD und Grünen am Mittwoch Inhaltslosigkeit vor. Zudem gebe es für keines der geplanten Vorhaben einen seriösen Finanzierungsvorschlag. »Rot-Rot-Grün verwechselt Koalitionsverhandlungen mit vorgezogenen Wunschzetteln für Weihnachten«, kritisierte der Generalsekretär der Thüringer Union, Mario Voigt. Für Rot-Rot-Grün sei die Regierungsbildung ein »Experiment«. Kurz nach Bekanntwerden der Einigung twitterte der Landesverband:

 

Update 16.22 Uhr: Mehr als zwei Monate nach der Landtagswahl in Thüringen haben Linke, SPD und Grüne ihre Koalitionsverhandlungen abgeschlossen. Der Koalitionsvertrag steht, wie Sprecher der Parteien am Mittwochnachmittag nach der letzten Verhandlungsrunde in Erfurt bekanntgaben. Über weitere inhaltliche Details wurde zunächst nichts bekannt.

Und die LINKEN-Landesvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow schreibt auf Twitter:

Update 15.20 Uhr: Kurz vor Ende der Koalitionsverhandlungen für die erste rot-rot-grüne Landesregierung Deutschlands gibt es Streit über den Zuschnitt der Ministerien. Das berichteten Teilnehmer des letzten Treffens der Thüringer Linken, SPD und Grünen am Mittwoch in Erfurt. Die Verhandlungsführer von Linkspartei und SPD, Susanne Hennig-Wellsow und Andreas Bausewein, bestätigten zunächst nur, dass es wie bei der derzeitigen schwarz-roten Regierung neun Minister geben solle. »Wir stehen vor schwierigen Gesprächen«, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anja Siegesmund.

Die Grünen, mit einem Wahlergebnis von 5,7 Prozent kleinster Partner, hatten Anspruch auf zwei Ministerien erhoben. Die SPD, bei der Wahl im September auf 12,4 Prozent gestürzt, soll mindestens drei Ressorts erhalten. Die Linke, mit 28,2 Prozent stärkste der drei Parteien, will mit Bodo Ramelow vor allem ihren ersten Ministerpräsidenten ins Amt bringen. Sie war ihren Partnern weit entgegengekommen. Die Linke beansprucht wahrscheinlich nur drei Ressorts und den Chef der Staatskanzlei.

Trotz der Meinungsverschiedenheiten äußerten sich Hennig-Wellsow und Bausewein optimistisch, dass die Koalitionsverhandlungen wie geplant im Laufe des Tages erfolgreich abgeschlossen werden könnten. »Rot-Rot-Grün ist wirklich fast angekommen«, sagte die Linken-Chefin.

Update 13.50 Uhr: Thüringens früherer Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) hat Drohungen und Angriffe gegen Linke-Politiker vor dem möglichen Machtwechsel im Freistaat verurteilt. »Ganz unabhängig davon, welche politische Auffassung ein Abgeordneter vertritt, so etwas darf es in einem demokratischen Staat nicht geben«, sagte Vogel dem MDR-Magazin »exakt«. Es müsse alles getan werden, um die Täter zu ermitteln.

In den vergangenen Wochen waren Abgeordnete der Linken vermehrt bedroht worden. Die Aggressionen hängen nach Ansicht der Partei direkt mit der möglichen Wahl Bodo Ramelows zum bundesweit ersten Ministerpräsidenten der Linken zusammen. »Das ist schon eine sehr ernste Situation«, sagte ein Parteisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Die Linke stehe in ständigem Austausch mit der Polizei. Ob zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen eingeleitet worden seien, wollte er nicht kommentieren.

Erfurt. Mehr als zwei Monate nach der Landtagswahl in Thüringen sind die Koalitionsverhandlungen zwischen Linken, SPD und Grünen auf der Zielgeraden. Die Verhandlungskommission kam am Mittwoch in Erfurt zu abschließenden Beratungen zusammen. Die Dauer der vierten Koalitionsrunde war offen. Am Donnerstag wollen die Parteien in Erfurt ihren gemeinsamen Koalitionsvertrag vorstellen.

Dem Vertrag müssen dann die Mitglieder von Linken und Grünen noch zustimmen. Die Thüringer SPD-Basis hatte bereits grünes Licht für eine rot-rot-grüne Koalition unter Führung der Linkspartei gegeben. Die Wahl des neuen Ministerpräsidenten ist für den 5. Dezember geplant. Mit Bodo Ramelow könnte erstmals ein Linkspolitiker zum Regierungschef eines Bundeslandes gewählt werden.

Die CDU war bei der Landtagswahl im September zwar stärkste Kraft geworden. Ihr bisheriger Koalitionspartner SPD entschied sich nach starken Stimmenverlusten aber für ein Bündnis mit Linken und Grünen. Kommt dieses wie geplant zustande, würden die Christdemokraten nach 24 Jahren Regierung im Freistaat in der Opposition landen.

Die bislang noch amtierende Thüringer Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) hatte angekündigt, sie werde um ihren Führungsanspruch im Land kämpfen. Ihr Ziel bleibe es, den Linken-Politiker Ramelow als Ministerpräsidenten zu verhindern. Zuletzt war Lieberknecht aber auch in der eigenen Partei verstärkt unter Druck geraten.

Die geplante rot-rot-grüne Koalition in Thüringen sorgt deutschlandweit für heftige Diskussionen und Kritik. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte, eine solche Landesregierung unter Führung der Linkspartei könne außen- und sicherheitspolitisch eine Gefahr sein. Die SPD wies dies scharf zurück. Agenturen/nd

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