Mächtiger Partner für Abchasien

Georgiens abtrünnige Region bildet mit Russland einen gemeinsamen Verteidigungsraum

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Offiziell unterhielt Russland nach dem georgisch-abchasischen Krieg eine Friedenstruppe der GUS in der abtrünnigen Kaukasusrepublik. Daraus wird nun ein Militärpakt.

Als »Vertrag über strategische Partnerschaft, der beide Staaten als Verbündete einstuft«, hatte das Präsidentenamt in Moskau schon am Vortag das Abkommen gelobt, unter das »die Staatschefs Russlands und Abchasien« gestern in Sotschi ihre Unterschriften setzten. Das tat zwar dem Selbstbewusstsein von Staatsgast Raul Chadschimba gut und war protokollarisch korrekt. Doch Russland und Wladimir Putin spielen in einer anderen Liga als Chadschimba und Abchasien.

Die Schwarzmeerregion mit knapp 250 000 Einwohnern hatte sich 1992 von Georgien abgespalten, Moskau die Separatisten von Anfang an unterstützt und die Region nach dem Augustkrieg mit Georgien 2008 formell als unabhängigen Staat anerkannt.

Diesem Beispiel folgten bisher allerdings nur Venezuela, Nicaragua und die Südsee-Zwergstaaten Nauru und Tuvalu. Sogar die ehemaligen Sowjetrepubliken verweigerten hingegen die Gefolgschaft. Aus Angst, Russland könne den Umgang mit Abchasien und Südossetien, das sich nach dem Ende der Union 1991 ebenfalls aus dem georgischen Staatsverband verabschiedete, zum Standard beim Krisenmanagement im postsowjetischen Raum machen. Denn Abchasien ist lediglich formell unabhängig, de facto indes ein russisches Protektorat.

Moskau hatte gleich nach dem Krieg mit Georgien insgesamt zwischen 7000 und 9000 Soldaten in Abchasien und Südossetien stationiert. Bald schon werden es erheblich mehr werden. Denn Kernstück des neuen Bündnisvertrags ist die Bildung eines Gemeinsamen Verteidigungsraumes. Diesen kontrolliert dann eine Vereinte Gruppierung der Streitkräfte. Theoretisch. Praktisch tritt Abchasien damit das Souveränitätsrecht auf Landesverteidigung an Russland ab.

Daran scheiterte zunächst auch die bereits für Mitte Oktober geplante Unterzeichnung. Beide Seiten, so stand es sogar auf der Website von Abchasen-Präsident Chadschimba, würden mehrere Artikel unterschiedlich interpretieren. Der Präsident Abchasiens müsse Oberbefehlshaber der Nationalgarde bleiben, deren Führung weiter in den Händen von Verteidigungsministerium und Generalstab in Suchumi liege. Auch sollten nicht alle abchasischen Kontingente der Vereinten Gruppierung unterstellt werden.

Doch damit kamen Chadschimba und dessen Unterhändler nicht durch. Abchasien hängt am Tropf des russischen Haushalts, und angesichts der Ukraine-Krise drängte Moskau auf Tempo. Mit dem Gemeinsamen Verteidigungsraum, so verlautete aus Kreml und Außenamt, reagiere Russland auf die Expansion der NATO bis an seine Landesgrenzen.

Gemeint waren damit verstärkte Patrouillenflüge der nordatlantischen Allianz im Baltikum und die Aufstockung ihrer Marinepräsenz in der Ostsee und im Schwarzen Meer. Mittelfristig, so jedenfalls hoffen russische Generalstäbler, werde der Gemeinsame Verteidigungsraum auch dazu beitragen, den alten Einfluss im Südkaukasus zurückzugewinnen.

Kurzfristig droht neuer Ärger mit Tbilissi und dem Westen, der Georgien bei der Wiederherstellung seiner territorialen Integrität unterstützt. Moskau, rügte das Außenamt, verstoße mit dem Vertag gegen grundlegende Prinzipien des Völkerrechts. Das wiederum gefährde die Normalisierung der bilateralen Beziehungen. Der Vertrag, so auch Georgiens Sonderbeauftragter für die Beziehungen zu Russland, Zurab Abaschidse, sei ein »weiterer Schritt in Richtung Annexion« Abchasiens.

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