Ohne Glanz, aber mit viel Aufbruchstimmung

Die Eisbären Berlin bescheren neuem Coach Uwe Krupp »verdienten Arbeitssieg«: 2:0 gegen Schlusslicht Straubing

Es ist die längste Siegesserie des DEL-Rekordmeisters Eisbären Berlin in dieser Saison: Das 2:0 über Schlusslicht Straubing war der vierte Sieg in Folge - und der erste unter dem neuen Coach Uwe Krupp.

Es war alles in allem ein »verdienter Arbeitssieg«, wie der neue Eisbären-Trainer Uwe Krupp feststellte. Der 49-jährige gebürtige Kölner, der zuvor erst zwei Tage das Training der Eisbären geleitet hatte, gab hinter der Bande in der Arena am Ostbahnhof seinen Einstand - mit einem Sieg.

Dass er weitgehend Kritik vermied, für die viel Anlass bestanden hätte, war verständlich. Denn er ist zu kurz im Amt, um sich gleich weit aus dem Fenster zu lehnen. Aber der Ex-Eishockeyprofi, der 810 Spiele in der nordamerikanischen Profiliga NHL bestritten und 1996 mit den Colorado Avalanche den Stanley Cup, die wertvollste Trophäe im Welteishockey, gewonnen hatte, der von 2005 bis 2011 Bundestrainer war und die deutsche Nationalmannschaft bei der Heim-WM 2010 auf den sensationellen vierten Platz führte, dürfte an diesem Abend gesehen haben: Es wartet sehr, sehr viel Arbeit auf ihn, will er die Eisbären zu alter Stärke führen. Obwohl er sich vorerst mit Prognosen zurückhielt, äußerte er aber gleich beim Amtsantritt unmissverständlich: »Ich will mit der Mannschaft die direkte Qualifikation für die Playoffs erreichen.« Also einen Platz unter den besten Sechs; am Freitagabend schoben sich die Eisbären auf Rang sieben.

Es war wirklich wenig Glanz, den die Krupp-Schützlinge gegen Straubing boten - und das gegen einen Gegner, der nach erfolgloser Serie (nur fünf Siege in 27 Spielen) Ende November ebenfalls den Cheftrainer entlassen hatte. Die Eisbären knüpften spielerisch haargenau da an, wo sie unter ihrem vor wenigen Tagen entlassenen Trainer Jeff Tomlinson aufgehört hatten.

Und doch war an diesem Abend vor 12 660 Fans in der Arena am Ostbahnhof vieles anders, als in der Zeit zuvor, in der 18 Monate lang Tomlinson erfolglos das Zepter beim siebenfachen DEL-Meister geführt und sich mehr und mehr eine eher lähmende Stimmung vor und hinter der Bande breitgemacht hatte.

Natürlich ersparte man sich, am großen Videowürfel unterm Hallendach den Einstimmungsspot mit Tomlinson am Puck zu zeigen. Aber diesmal stellte der Hallensprecher vor Spielbeginn bei der Vorstellung des Teams nun auch wieder das Trainerteam vor. Darauf hatte man schon seit geraumer Zeit verzichtet, weil zu oft die Fans mit Pfiffen reagierten, wenn der Name des Cheftrainers Tomlinson genannt und das Foto von ihm gezeigt wurde.

Aber inzwischen haben die Eisbärenfans ihren Frieden mit dem viel kritisierten, aber stets umgänglichen Tomlinson geschlossen. So waren Mitte des ersten Drittels, als die übliche Werbeunterbrechung angekündigt wurde, im Fanblock zwei selbstgemalte Spruchbänder zu sehen: »Mach's jut Tommer« und »Willkommen Uwe«. Dazu skandierten sie »Einmal Eisbär, immer Eisbär« zu Ehren des geschassten Trainers. Über dessen Zukunft äußert man sich beim Eisbären-Management nicht weiter. Nicht ausgeschlossen könnte sein, dass man »Tommer«, wie er von allen gerufen wird, einen Job wieder im Nachwuchsbereich anbietet.

Und der neue Mann Uwe Krupp? Nach seiner ersten Trainingseinheit mit der Mannschaft am Donnerstag in der Eishalle II in Hohenschönhausen hatte er geäußert: Er hoffe darauf, »gegen die Straubing Tigers schon das eine oder andere Neue im Spiel« seiner Mannschaft zu sehen. »Nach unserer schnellen Führung nach gut sechs Minuten haben wir Straubing ein wenig in die Hände gespielt, waren nicht so konsequent und haben durch eigene Fehler in der Abwehr den Gegner zu Chancen kommen lassen«, fasste Krupp nach dem Schlusspfiff zusammen, lobte aber das erkennbare Bemühen, »schneller und direkter nach vorne zu spielen«.

Kapitän André Rankel, der unter Krupp in der Nationalmannschaft trainiert und gespielt hat und sich auf ihn freut, verdeutlichte die rundum spürbare Aufbruchstimmung: »Uwe Krupp ist eine Respektperson, das spürt man auf dem Eis und besonders in der Kabine.« Bei dieser Bemerkung erinnert man sich an Tomlinsons Zeiten, als in der Kabine vor allem die älteren, gestandenen Spieler kaum noch zuhörten, wenn »Tommer« seine Anweisungen gab. »Unter Krupp ist alles irgendwie ein bisschen positiver. Er hat neuen Schwung reingebracht«, sagt Rankel weiter. »Wir haben heute kleine Veränderungen probiert, im Angriffsspiel weitaus aggressiver zu spielen. Das hat schon ganz gut geklappt.«

Auch Krupp war zufrieden: »Die Mannschaft hat meine Vorstellungen für den Anfang schon gut umgesetzt. Ich hoffe, dass am Sonntag beim Gastspiel in Augsburg weitere Fortschritte zu erkennen sein werden.« Eines ist für den neuen Coach, der in den vergangenen drei Jahren beim DEL-Rivalen Kölner Haie vor allem das Defensivspiel gepflegt hat und damit 2013 und 2014 bis ins DEL-Finale vorgedrungen war, indes klar: »Die Identität der Eisbären liegt in der Offensive. So haben sie sieben DEL-Titel gewonnen. Bei der offensiven Ausrichtung wird es bleiben. Man muss eine Art Eishockey spielen, die zu den vorhandenen Spielern passt. Deshalb werde ich nicht alles umkrempeln. Allerdings hat das Eisbären-Eishockey an Durchschlagskraft verloren. Hier werden wir gemeinsam ansetzen.« Gemeinsam - das heißt unter seiner Regie und mit dem bisherigen Sportdirektor Stefan Ustorf, der nun als neuer Co-Trainer fungiert.

Bis zum Jahreswechsel stehen für die Eisbären noch fünf Spiele an, darunter am Dienstag zu Hause die brisante Partie gegen Krupps Ex-Verein Kölner Haie sowie gegen die in der Tabelle vor den Berlinern liegenden Teams aus Wolfsburg (26. Dezember zu Hause), Iserlohn (28. Dezember auswärts) und Titelverteidiger Ingolstadt (30. Dezember zu Hause). Setzen die Eisbären die Aufbruchstimmung auch auf dem Eis um, könnten sie als Direktqualifikant ins neue Jahr gehen. Das wäre mehr, als noch vor Wochen überhaupt denkbar war.

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