500 000 Schwimmer weniger

Schlechtes Wetter und höhere Tarife erzeugen Besucherrückgang bei den Bäderbetrieben

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 4 Min.
Trotz Sanierungen von mehreren Schwimmhallen, heißeren Beckentemperaturen und massiven Werbemaßnahmen brechen die Besucherzahlen bei den Berliner Bäder Betrieben (BBB) ein.

Bevor sich an diesem Montagvormittag Politik- und Spandauer Lokalprominenz bei Schnittchen und Brause über das »Ende der Trockenzeit« in dem frisch renovierten Kombibad Spandau-Süd freuen, drehen Handwerker noch schnell ein paar Schrauben an den Eingangstüren fest. Über vier Jahre war das Bad in der Gatower Straße wegen Einsturzgefahr der Decke geschlossen - am Montag wurde das mit elf Millionen Euro sanierte Schwimmbad feierlich der Öffentlichkeit präsentiert. Ab kommendem Sonntag ist das Kombibad dann auch für die Berliner wieder geöffnet.

»Wir haben ein Etappenziel der Bädersanierung erreicht«, erklärt Sportsenator Frank Henkel (CDU) am Montag. Über 100 000 Euro Betriebskosten würden die Berliner Bäder Betriebe (BBB) künftig an diesem Standort einsparen, was ein »großer ökologischer Erfolg« sei. »Der größte Teil der Investitionen steckt in der Dämmung und der Technik«, erläutert Bäderchef Ole Bested Hensing. Die lange Bauzeit und die hohen Kosten für die Sanierung begründete Bested Hensing mit dem maroden Dach. Wegen fehlender Mittel musste eine Sanierung des Saunabereichs allerdings ebenso aufgeschoben werden wie die Modernisierung des Freibades. Aus eigenen Mitteln hätten die Bäderbetriebe die Sanierung ohnehin nicht stemmen können: Vielmehr flossen Gelder aus dem Bädersanierungsprogramm des Landes Berlin und dem Umwelt-Entlastungsprogramm.

Kombibäder wie das in Spandau-Süd, das vor 40 Jahren gebaut wurde, stehen symbolisch für die Zukunft der Bäderbetriebe: Zwar wird das Bäderkonzept immer wieder vertagt und soll erst im März ins Parlament kommen, doch bereits jetzt ist zu hören, dass zum neuen Konzept auch der Neubau von zwei weiteren Kombi-Bädern in Charlottenburg und Pankow zählen könnte. Kostenpunkt: um die 40 Millionen Euro. Bäderchef Ole Bested Hensing wirbt seit Monaten für solche Neubauten.

Unterstützung bekommt der Bäderchef unterdessen von seinem Aufsichtsratsvorsitzenden. »Wir brauchen die Unterstützung der Politik, wenn wir das Bäderangebot in Berlin in dieser Güte aufrechterhalten wollen«, betont Sportsenator Frank Henkel (CDU). Der Fingerzeig in den politischen Raum betrifft auch die eigene Koalition, deren Finanzpolitiker die entsprechenden Mittel bewilligen müssten.

Nach Jahren der Stagnation kommt derweil Bewegung in die Sache. Bisher unterstützt das Land Berlin die Bäderbetriebe mit jährlich 45 Millionen Euro. »Wenn mehr Bedarf besteht, müssen wir die Gelder für Betriebskosten bei den Bäderbetrieben erhöhen«, sagt der Fraktionschef der SPD im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh. Der Sozialdemokrat, selber Spandauer, betrachtet die »Bäderbetriebe als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge«, die nicht privatisiert werden dürfen. Saleh kann sich jetzt auch vorstellen, dass Gelder aus dem vor kurzem geschaffenen Sondervermögen genutzt werden, um weitere Schwimmbäder zu sanieren oder Neubauten zu errichten. Wie viele Millionen Euro die Koalition dafür in die Hand nehmen will, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende indes nicht.

Wie dringend die Bäderbetriebe frisches Geld brauchen, zeigt auch die Sanierung des Kombi-Bades Spandau-Süd selbst. Denn während sich die Spandauer zu Recht freuen dürfen, müssen an andere Stelle wie im Spreewaldbad Kreuzberg die Öffnungszeiten weiter eingeschränkt werden. Die rund 970 Stellen bei den Bäderbetrieben reichen nicht aus, um alle Bäder offenzuhalten. Dass die Probleme des kommunalen Unternehmens nicht weniger werden, sondern zunehmen, zeigt überdies die sich abzeichnende Besucherbilanz für das vergangene Jahr, die aus Zahlen einer vertraulichen Unterlage für den Unterausschuss Beteiligungsmanagement und -controlling des Abgeordnetenhauses hervorgeht: Demnach verzeichneten die Bäderbetriebe von 3,4 Millionen Besuchern (IST per 9/2013) zu 2,9 Millionen Besuchern (IST per 9/2014) insgesamt einen Rückgang von rund 500 000 Besuchern. Allein bei den Freibädern gab es einen Einbruch von 32 Prozent.

Bäderchef Hensing will solche Zahlen am Montag vor einem endgültigen Jahresabschluss nicht kommentieren. Nur soviel: »Was den Umsatz angeht, liegen wir auf Vorjahresniveau«, sagt er dem »nd«. Insofern sei es ein »relativ erfolgreiches Jahr« gewesen. Für Abgeordnete wie Gabriele Hiller (LINKE) dagegen war der Rückgang sehr wohl vorhersehbar: »Bestimmte Besucher bleiben aus, weil ihre Kaufkraft nicht steigt.« Hiller fordert, die Preispolitik der Bäderbetriebe zu überdenken.

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