Ausweitung der Sonntagsarbeit Grenzen gesetzt

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

  • Lesedauer: 3 Min.
Busfahrer und Feuerwehrleute, Krankenschwestern und Ärzte müssen sonntags arbeiten. Aber müssen auch Videotheken und Call-Center am Wochenende offen sein?

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig setzte der Ausweitung der Sonntagsarbeit Grenzen. Es sah keine Notwendigkeit für sonntags geöffnete Videotheken, Bibliotheken, Call-Center sowie Lotto- und Toto-Gesellschaften (nd berichtete).

Damit erklärte das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 26. November 2014 (Az. BVerwG 6 CN 1.13) wesentliche Teile einer Verordnung des Landes Hessen für unwirksam, das 2011 weitreichende Ausnahmen für den gesetzlich geschützten, arbeitsfreien Sonntag festgelegt hatte.

Das Urteil dürfte weitreichende Folgen haben, da auch die meisten anderen Bundesländer ähnliche Verordnungen haben. Einzelne Länder wie Mecklenburg-Vorpommern und Berlin kündigten bereits sofortige Konsequenzen an.

Nach dem Arbeitszeitgesetz ist in Deutschland eine Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen nicht erlaubt. Das Gesetz selbst sieht jedoch Ausnahmen vor - etwa für Polizei, Feuerwehr, Krankenschwestern oder Notdienste. Zudem ermächtigt es die Bundesländer, weitere Ausnahmen vom Sonntagsschutz zu beschließen.

Der VGH in Kassel hatte entschieden, dass auch Ausnahmeregelungen für Getränke- und Eisfabriken, die das Land Hessen vorgesehen hatte, nichtig seien. Diese Eingriffe in den Sonntagsschutz seien so gravierend, dass nicht die Länder, sondern nur die Bundesregierung sie vornehmen dürften. Dieser Argumentation folgten die Bundesrichter nicht.

Sie gaben dem VGH stattdessen auf, sich noch einmal mit den Brauereien und Eisfabriken zu beschäftigen. Sonntagsarbeit sei dort nur erlaubt, wenn es etwa in Hitzeperioden zu Versorgungsengpässen bei der Bevölkerung kommen könnte. Ob das so ist, muss der VGH prüfen.

Nur in einem Punkt waren die Bundesrichter mit der hessischen Verordnung einverstanden: Buchmacher auf Pferderennbahnen dürfen auch sonntags arbeiten, da sie untrennbar mit den ohnehin veranstalteten Rennen verbunden sind.

Weitere Klagen gegen die Länderverordnungen sind eher nicht zu erwarten. Für sogenannte Normenkontrollverfahren gelten Fristen. Die sind in den Ländern längst verstrichen, weil die Verordnungen schon länger als in Hessen in Kraft sind.

Regelungen in Deutschland zur Sonntagsarbeit

Das GRUNDGESETZ übernimmt den Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung. Darin heißt es: »Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.« Kirchen, aber auch Vereine sollen den freien Tag für ihre Belange nutzen dürfen.

Das ARBEITSZEITGESETZ bestimmt: »Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden.« Dieses Gesetz umfasst einen Katalog von Ausnahmen - etwa für Not- und Rettungsdienste, Krankenhäuser, Theater und Medien.

Die BEDARFSGEWERBEVERORDNUNGEN der Länder sehen weitergehende Ausnahmen vor. Zum Erlass dieser Verordnungen sind die Länder durch das Arbeitszeitgesetz ermächtigt. Es enthält die Vorgabe, dass es diese Ausnahmen nur geben dürfe »für Betriebe, in denen die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- oder Feiertagen zur Befriedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich ist«. dpa/nd

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