Granate traf Donezker Klinik No. 27

Donezker Wohnbezirk unter schwerem Beschuss / Ex-Premier Asarow spricht von US-Putsch

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Beim Beschuss eines Krankenhauses im umkämpften Osten der Ukraine sind Mittwoch mindestens fünf Menschen getötet worden.

Der Donezker Bezirk »Textiltschik« geriet Mittwoch gegen Mittag unter schweren Beschuss. Getroffen wurde auch das Krankenhaus No. 27. Mindestens fünf Menschen seien ums Leben gekommen, berichtete die örtliche Behörde, fünf weitere, darunter ein vierjähriges Kind, wurden verletzt. Es seien fünf Schulen, ein Gymnasium und fünf Kindergärten zerstört worden. Im ganzen Bezirk fiel der Strom aus.

Separatistenführer Andrej Purgin warf der ukrainischen Armee vor, das dicht bewohnte Viertel mit schwerer Artillerie beschossen zu haben. Laut den Aufständischen sei aus Richtung der Stadt Marynka gefeuert worden, die unter Kontrolle der ukrainischen Armee stehe. Purgin forderte eine Untersuchung durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Helfer und Menschenrechtler beklagten laut Agenturberichten eine schleppende Evakuierung aus den unter Dauerfeuer stehenden Regionen Lugansk und Donezk. Wegen der heftigen Kämpfe in den Orten Awdejewka und Debalzewo könnten kaum noch Menschen in Sicherheit gebracht werden, teilte der staatliche ukrainische Zivilschutzdienst mit. In Lugansk kam es nach Darstellung von OSZE-Beobachtern zum Einsatz von Streumunition. Russland wirft der Ukraine die Anwendung der international geächteten Bomben vor.

Die EU rief die Konfliktparteien zu einer sofortigen Waffenruhe auf, um die Flucht von Zivilisten aus dem Kampfgebiet zu ermöglichen. »Die Spirale sich immer weiter verstärkender Gewalt in der östlichen Ukraine muss enden«, erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in Brüssel. Sie schloss sich einem Aufruf der OSZE an, umgehend »eine vorübergehende, örtliche Waffenruhe von mindestens drei Tagen« in und um die hart umkämpfte Stadt Debalzewo auszurufen.

Der Kriegslärm wurde begleitet von verschärften Tönen in der politischen Arena. So billigte das Parlament in Kiew eine Erklärung, in der das Haager Tribunal anerkannt und die Regierung aufgefordert wird, den Internationalen Strafgerichtshof anzurufen. Sie solle Material sammeln, um »höchste russische Verantwortliche« sowie »Führer der terroristischen Organisationen Donezker und Lugansker ›Volksrepubliken‹« anzuklagen. Dabei gehe es um Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, die zum »Massenmord an ukrainischen Bürgern« geführt hätten.

Kurz zuvor hatte die Werchowna Rada dem knapp vor Jahresfrist gestürzten Viktor Janukowitsch die Bezeichnung Präsident aberkannt. Er sei zwar 2010 gewählt worden, habe aber die »Macht usurpiert« und »sich selbst auf verfassungswidrige Weise von der Erfüllung der verfassungsmäßigen Vollmachten entfernt«, erinnerte die Agentur UNIAN unter an einen Parlamentsbeschluss vom 22. Februar 2014.

Mit dieser Aberkennung »ein Jahr nach dem Staatsstreich« habe jedoch die Werchowna Rada Janukowitschs »ungesetzliche Entfernung aus dem Amt faktisch anerkannt«, folgerte in Moskau laut »Gaseta.ru« Alexej Puschkow, Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses der Duma.

Der ukrainische Ex-Regierungschef Nikolai Asarow warf dem Westen massive Täuschung beim Kampf um die Macht in Kiew vor einem Jahr vor. Dem vom damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch auch unter deutscher Vermittlung am 21. Februar 2014 unterschriebenen Abkommen über politische Reformen sei ein »perfekter Betrug« gefolgt, kritisierte der im russischen Exil lebende 67-Jährige bei einer Buchvorstellung in Moskau. Der Machtwechsel sei ein Putsch unter Führung der USA gewesen.

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